Introduction
Introduction Statistics Contact Development Disclaimer Help
# taz.de -- Kolumne Die rätselhafte Welt des Sports: Wenn Kroos Klein-Klein sp…
> Unwägbarkeiten auf dem Weg ins EM-Finale: Unrasierte Griechen,
> Elfmeterpunktstehlende Engländer, Boatengs XXL-Kopfhörer. Nur die
> Österreicher müssen zuschauen.
Bild: Geiler Grieche: Giorgos Samaras.
Samstagabend gegen 21 Uhr. Hier wird Cristiano Ronaldo im EM-Spiel seiner
Portugiesen gegen Deutschland seine neueste Freistoßchoreografie
präsentieren, die im Wesentlichen daraus besteht, erst den Abstand zur
Mauer mit einer neuartigen iPhone-App nachzumessen, dann per SMS ein paar
Freunde zu grüßen, sich zu dehnen, mit einem Taschenspiegel die Frisur zu
überprüfen, einmal mit den beiden Daumeninnenseiten den Gummizug der
Armani-U-Hose entlangzufahren („Sitzt!“), sich mit Waxing eventuell
nachgewachsene Körperhaare epilieren zu lassen, einen Schuhputzer von den
Azoren einfliegen zu lassen, um die Stollen zu polieren, eine
Stadtbesichtigung in Kiew zu machen (Pelzkauf!), dann anzulaufen – und den
Ball in den ukrainischen Himmel zu torpedieren.
Portugal wird – genauso wie demnächst aus der EU – rausfliegen. Vielleicht
kommt es aber auch ganz anders, dann nämlich, wenn die deutsche Abwehr
nicht die „högschtmögliche Konzentration“ (Jogi Löw) aufbringt, wenn Jé…
Boateng auf dem Platz immer noch seinen XXL-Kopfhörer aufhat, wenn
Mertesacker lahmt oder Lahm nicht genug ackert, wenn Hummels nicht sticht
oder Kroos Klein-Klein spielt, wenn sich Schweini nicht steigern kann und
Wiese noch zu grün hinter den Ohren ist.
Im Moment ist die Euphorie um „Schland“ und die Nationalmannschaft
allerdings riesengroß, von der „Mission 2012“ ist die Rede, auf der Gangway
zum Flugzeug stand riesengroß „Take-off for glory“ und vermutlich steht
sogar auf den Mohnsemmeln, die man Klose & Co serviert, in Blindenschrift:
„We Are The Champions“.
Aber die Gegner schlafen nicht: Die Engländer sind hoffentlich so schlau,
den Düsseldorfer Fan zu akquirieren, der beim Relegationsspiel gegen Hertha
den Elfmeterpunkt ausstach und mitnahm. Auf diese Weise können die
Engländer das Halbfinale gegen die Deutschen überstehen. Die Dänen wiederum
bauen darauf, dass im Gruppenspiel gegen die Holländer im Falle eines
Elfmeters Arjen Robben das Ding an sich reißt, dann wird alles gut.
Und natürlich gilt der alte Spruch von Berti Vogts: „Ich glaube, dass der
Tabellenerste jederzeit den Spitzenreiter schlagen kann.“ Vogts selber kann
leider mit seiner Mannschaft Aserbaidschan nicht dabei sein. Eurovision
Song Contest ja, Europameisterschaft nein. Vielleicht war die Auswahl der
Spieler in der aserbaidschanischen Liga etwas dürftig: Ob Neftci Baku,
Inter Baku, FK Baku, Azal Baku oder Räfta Baku, unter den ersten acht gab
es wenig Alternativen zu den Hauptstadtvereinen, höchstens die Spieler von
Xäzär Länkärän hätte er noch berufen können. Tätätärätätä.
Aber vielleicht ist es bei der EM so wie in der Bundesliga: Am Ende gewinnt
immer Borussia Dortmund, also die polnische Nationalmannschaft. Es gibt
auch Außenseiterstimmen, die die Elfenbeinküste ganz weit vorn sehen. Oder
die Griechen. Vielleicht machen die es so wie 2004 bei der EM in Portugal.
Liefern fußballerisch eine Bankrotterklärung ab, um dann gegen jegliche
Vernunft den Titel zu holen.
Was übrigens im Panini-Sammelbildchen-Album auffällt: Keine Mannschaft
Europas ist so miserabel rasiert wie die Griechen (zum Beispiel Nr. 87
Sokratis Papastathopoulos oder Nr. 103 Giorgos Samaras). Entweder die
Spieler haben einen unfassbaren Blitzhaarwuchs, der in den zwei Minuten
zwischen Rasur und Fotoshooting gnadenlos zuschlägt. Oder sie sind wirklich
so pleite, wie sie immer behaupten, und haben kein Geld für kostbare
Rasierklingen.
Oder sie sind Teil der PR-Kampagne eines deutschen Rasiererherstellers
namens „Dein Bart für Deutschland“ (unter der Schirmherrschaft von Jürgen
Klopp). Die fordert alle deutschen Männer auf, „Lass Deinen Bart wachsen,
solange unsere Jungs im Turnier sind.“ Mit etwas Glück darf man dann
gemeinsam mit Klopp zum Finale. Wahrscheinlich rechnen sich die Griechen
aus, dass das der einfachste und billigste Weg ins Endspiel ist. Dort
werden sie dann in der deutschen Fankurve auf Kurt Beck (SPD), Harry
Rowohlt, Harald Schmidt, ZZ Top, Bart Simpson, Vader Abraham, die Fleet
Foxes und Heiner Brand stoßen.
Nicht dabei sind leider die Österreicher. Die haben aber trotzdem auf blöd
ein Trainingslager abgehalten (haben vielleicht mit dem Ausschluss der
Italiener gerechnet), und zwar in Tirol. Dort kam der Tiroler
Landeshauptmann Günther Platter (ÖVP) zu Besuch. Er brachte den Spielern
Schnaps vorbei (was halt in Österreich Profisportler so trinken) und sprach
auch Österreichs Fußballer des Jahres, den dunkelhäutigen David Alaba vom
FC Bayern, an: „How do you do?“, begrüßte er Alaba. Der war baff: „Bist
deppat? Wieso redet der denn Englisch mit mir?“ Platter entschuldigte sich:
„Ich interessiere mich mehr für Wintersport“.
6 Jun 2012
## AUTOREN
Achim Bogdahn
## TAGS
Schwerpunkt Fußball-EM 2024
Tribüne
## ARTIKEL ZUM THEMA
Kolumne Die Rätselhafte Welt des Sports: „Fick mit Höhen und Tiefen“
Die Welt der irren Namen zieht sich durch den Sport – ob Sammer of Love
oder Jan Vennegor of Hesselink. Eine Bestandsaufnahme.
Spot eines Rasierherstellers zur EM: Kloppos kommerzielle Bartausbeutung
Okay, vielleicht hat dieser Barttrend seinen Zenit überschritten. Wenn
Werbeleute sich schon darauf beziehen. Doch der Clip mit Jürgen Klopp ist
perfide gut gemacht.
Kolumne Die Rätselhafte Welt des Sports: GPS und Nasenhaarrasierer
Was Cristiano Ronaldo seine Unterhose, ist Sergio Ramos das H-Bändchen.
Auch bei der Europameisterschaft kann es wieder tolle Stunts geben.
Kolumne Die rätselhafte Welt des Sports: Tier im Tätowierstuhl
Von den orthografischen Problemen der Tätowierkunst, von Engeln, Nägeln,
der Berliner Hertha und Lottozahlen.
Kolumne Die rätselhafte Welt des Sports: Seltsame Schanzen-Spezies
Mit einer Eiseskälte erfüllen Skispringer ihren Job als Vielflieger. Hinter
der vermeintlichen Professionalität steckt ein Hang zum Exzess: es wird
gesoffen, gekokst und gestrippt.
You are viewing proxied material from taz.de. The copyright of proxied material belongs to its original authors. Any comments or complaints in relation to proxied material should be directed to the original authors of the content concerned. Please see the disclaimer for more details.