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# taz.de -- Kolumne Die rätselhafte Welt des Sports: Tier im Tätowierstuhl
> Von den orthografischen Problemen der Tätowierkunst, von Engeln, Nägeln,
> der Berliner Hertha und Lottozahlen.
Was haben Knastinsassen, Rocker der Hells Angels, bierbäuchige englische
Lkw-Fahrer und Bettina Wulff gemeinsam? Die hohe gesellschaftliche
Reputation? Falsch! Die richtige Antwort lautet natürlich: die Tattoos.
Außer den gerade Genannten sind es vor allem Fußballprofis, die heutzutage
den Tattoo-Studios Millionenumsätze bescheren. Breno vom FC Bayern zum
Beispiel. Hat sich kürzlich grippekrank vom Training des FC Bayern
abgemeldet, aber nicht etwa, um sich in seiner neuen Villa ins Bett zu
legen (und dabei möglichst keine Kerzen anzuzünden).
Nein, der Flop aus Brasilien hat seinen Tattoostatus weiter Richtung
Litfaßsäule ausgebaut. Bis 23 Uhr nachts saß er in einem Studio und hat
sich folgenden Spruch auf den Unterarm tätowieren lassen: "Bayern macht mit
mir eine Sauerei!". Pardon, das hat er getwittert. Auf den Arm kam
irgendein portugiesischer Glaubensspruch, so was wie "Ich gehe für Jesus
durchs Feuer".
Das neue Tattoo fügt sich ganz gut ein in seine bisherige Kollektion aus
"Ich liebe meine Eltern" (rechter Unterarm innen) "Jesus" (rechter Oberarm
außen), riesiges Kreuz (dito), "Renata" (Linker Oberarm innen) "Familie"
(rechts innen) oder "Ich liebe Caipirinha, Pizza, und ab und zu auch mal
einen Schweinsbraten" (Darminnenseite).
Nach dem Tätowieren müssen übrigens Spitzensportler fünf bis sieben Tage
pausieren, weswegen Breno gleich weiter krankgeschrieben wurde. Sein
schärfster Konkurrent in Sachen Tattoos hat den FC Bayern schon vor einer
Weile verlassen: Edson Braafheid von der TSG Hoffenheim. Der ist
zugepflastert mit Engeln, Rittern, Clowns, Kindernamen, Sternen,
Hochzeitsringen, Tribals und dem üblichen Kladderadatsch. Auf dem Oberarm
steht "Huil maar niet, ik ben niet echt dood". "Heule nicht, ich bin nicht
tot" (nur der Tätowierer, der ist an Erschöpfung gestorben).
Ein Bremer Promi-Tätowierer berichtet von Naldo, dem Profi von Werder
Bremen: "Naldo ist ein richtiges Tier im Tätowierstuhl". 30 Stunden lang
hat der sich einen gekreuzigten Jesus Christus auf seinen Rücken stechen
lassen, angeblich sogar mit echten Nägeln im Kreuz, damit es
dreidimensional wirkt. Bremens Tattoorwart Tim Wiese trägt seine nackte
Ehefrau Grit auf dem Unterarm, was an Peinlichkeit nur übertroffen wird
durch den Godfather des Fußballtattoos, David Beckham, dessen indischer
Tätowierer aus Versehen "VIHCTORIA" für immer verewigte.
Der ehemalige Berliner Trainer Markus Babbel muss lebenslang "Hertha BSC"
großflächig am Oberarm mit sich herumtragen, auch dann, wenn sein
Nachfolger Michael Skibbe schon längst wieder mit der Hertha in Liga 2
abgestiegen ist.
Beim FC Bayern hat sich Jerome Boateng die Umrisse von Ghana im Maßstab
1:300.000 auftätowieren lassen, als Neuestes will er sich demnächst allen
Ernstes die Fußabdrücke seiner Zwillingstöchter stechen lassen - und zwar
im Maßstab 1:1. Was als nächstes? Die Stollenabdrücke von Jermaine Jones,
eintätowiert in der Wade? Oder die Liste von Boatengs Fuhrpark (Audi Q 7,
Porsche Cayenne, Mercedes CLK 63 AMG Black Series, 507 PS, 300 km/h) mit
allen technischen Werten?
Kollege Rafinha hat auf dem rechten Arm die Aufschrift "Vater, ich liebe
Dich für immer" und links "Mutter, ich liebe Dich." (Nur temporär?).
Claudia Effenberg (vormals Trunz), die legasthenische Ehefrau von Stefan
Effenberg, hat sich den Spruch eintätowieren lassen "True love never die"
(sic!). Zlatan Ibrahimovic, einst drittteuerster Profi aller Zeiten, hat an
beiden Innenarmen Myriaden von Zahlen, vermutliche eine sinnfreie Mischung
aus "6-aus-49" und den Geburtstagen sämtlicher Familienangehöriger, wenn
nicht sogar aller Inter- bzw. jetzt AC-Mailand-Fans (intern werden seine
geheimnisvollen Tattoos als "Ibrahimovic-Code" bezeichnet!).
Und fast alle Fußballprofis haben irgendwo chinesische Sinnsprüche, und
denken alle, es heiße auf Deutsch "Ich liebe Dich", "Der Weg ist das Ziel"
oder "Der Pokal hat seine eigenen Gesetze" und wissen gar nicht, was es
wirklich bedeutet: "GERICHT NR. 46: ENTE SÜSS-SAUER", kleiner Gag vom
Tätowierer!
1 Feb 2012
## AUTOREN
Achim Bogdahn
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