# taz.de -- Seltene Erden: Grönlands strahlende Aussichten | |
> Auf der Arktisinsel wurden reiche Vorkommen an den für die IT-Industrie | |
> wichtigen Seltenen Erden entdeckt. Allerdings entsteht beim Abbau der | |
> Metalle radioaktiver Abfall. | |
Bild: Hat außer Eis auch Seltene Erden zu bieten: Grönland. | |
Grönland drängt auf den Markt der Seltenerdmetalle. In Hightech-Produkten | |
wie Flachbildschirmen, Batterien oder Windkraftanlagen sind sie bislang | |
unersetzbar, und China hält quasi ein Monopol. Nun sind auf Grönland reiche | |
Vorkommen gefunden worden. | |
Eines davon ist nicht nur von der Reinheit her vielversprechend, sondern | |
liegt auch gut zugänglich: Auf dem 690 Meter hohen Berg Kvanefjeld nahe dem | |
Ort Narsaq an der Südspitze der Arktisinsel. Hier soll nach den derzeitigen | |
Plänen schon in drei oder vier Jahren mit dem Abbau begonnen werden. | |
Die australische Grubengesellschaft „Greenland Minerals & Energy“ (GME) | |
rechnet mit einer Ausbeute von jährlich rund 40.000 Tonnen. Das wäre | |
immerhin fast die Hälfte der gesamten chinesischen Produktion an Seltenen | |
Erden. Ende des Jahres sollen die Anträge für ein Genehmigungsverfahren | |
gestellt werden. | |
Die grönländische Regierung zeigt sich angetan. Die Bodenschätze gelten als | |
Voraussetzung dafür, dass das Land sich endgültig von Dänemark abnabeln und | |
ein selbstständiger Staat werden kann. | |
## „Kein effektives Kontroll- und Revisionssystem“ | |
Allerdings hat die Gewinnung der Metalle einen Haken: Bei der Förderung | |
entsteht uranverseuchter Abraum, in so hoher Konzentration, dass Grönland | |
eines der weltweit größten Uranexportländer werden könnte, schätzt Cindy | |
Vestergaard, sicherheitspolitische Expertin am dänischen Institut für | |
internationale Studien DIIS. Doch Dänemark hat sich vor einigen Jahrzehnten | |
entschlossen, kein „Atomland“ zu werden. | |
Neben dem Verzicht auf die Atomenergie erließ Kopenhagen 1988 ein Verbot | |
„der Exploration nach radioaktiven Elementen“. Diese „Null-Toleranz“ | |
gegenüber Uran, die auch für das teilautonome Grönland gilt, wurde erstmals | |
durchbrochen, als man GME vor vier Jahren die Mineraliensuche auf dem | |
Kvanefjeld erlaubte. | |
Eine sich abzeichnende Uranknappheit werde Grönland unter großen Druck | |
seitens der Uranindustrie bringen, die dortigen Vorkommen auch auszubeuten, | |
meint Vestergaard. Für die Rohstoffe der Insel ist die grönländische | |
Selbstverwaltungsregierung seit drei Jahren allein zuständig. | |
Mit der Uran-Problematik nach Meinung der Forscherin aber überfordert, da | |
es bisher „kein effektives Kontroll- und Revisionssystem“ gebe. Eine | |
Mehrheit in der grönländischen Regierung möchte das Verbot der | |
Uran-Handhabung deshalb so schnell wie möglich aufgehoben sehen. | |
## Null-Toleranz gegenüber Uran? | |
Hans Kristian Schønwandt, Exdirektor der grönländischen Rohstoffbehörde und | |
jetzt in GME-Diensten: „Hält Grönland an der Null-Toleranz gegenüber Uran | |
fest, können wir die Bodenschätze an Süd- und Westküste gleich ganz | |
vergessen.“ Und vor der in den nächsten Monaten anstehenden entscheidenden | |
Parlamentsabstimmung wirft Henrik Leth, Vorsitzender der grönländischen | |
Arbeitgebervereinigung Uran-Kritikern keinen rationalen, sondern einen | |
„gefühlsmäßigen Widerstand“ vor, der auf gleicher Linie wie der von | |
„Tierrechtsfanatikern in der EU“ liege. | |
Finn Lynge, Theologe, ehemaliger Repräsentant Grönlands im Europaparlament, | |
aktiv in der Umweltorganisation „Earth Charter“ und einer der 1.600 | |
Einwohner im vom jetzt geplanten Minenprojekt unmittelbar betroffenen | |
Narsaq weist solche Argumente als Verharmlosung zurück: „Wir wissen, dass | |
es überall da, wo Uran abgebaut wird, große Umweltprobleme gibt.“ | |
Die sozialistische Kommunalpolitikerin Lisbeth Søvndahl Petersen stimmt zu: | |
„Wir versuchen Grönland als Land mit reiner Umwelt zu vermarkten. Dann | |
können wir keine Mine mit radioaktivem Abfall zulassen.“ | |
11 Jun 2012 | |
## AUTOREN | |
Reinhard Wolff | |
## TAGS | |
Welthandel | |
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