Introduction
Introduction Statistics Contact Development Disclaimer Help
# taz.de -- Apotheker stören sich an Online-Konkurrenz: Am liebsten verbieten
> Während Versandapotheken kontinuierlich schwarze Zahlen schreiben,
> schließen immer mehr stationäre Apotheken. Sind die Online-Händler
> schuld?
Bild: Auch hier gibt es digitalen Wandel: Medikamenten-Handel.
Internetapotheken, wie zum Beispiel die Apotheke „Zur Rose“ nutzen die
Möglichkeiten des digitalen Wandels. Ihr Geschäft läuft vor allem über das
Netz, sie ist auch in sozialen Netzwerken wie Twitter, Youtube oder
Facebook vertreten.
Die Apotheke aus Halle macht das, was Wirtschaftspolitker immer wieder
fordern. Die EU-Kommission etwa will mit ihrer „[1][digitalen Agenda 2020]“
erreichen, dass aus dem digitalen Wandel Wirtschaftswachstum wird. Doch die
Internetapotheken bekommen in Deutschland Gegenwind von der Politik. Warum?
„Jede Woche schließen in Deutschland acht Apotheken – und nur vier machen
neu auf“, sagte der Vorsitzende des deutschen Apothekerverbandes
Heinz-Günter Wolf auf einer Pressekonferenz im März 2012. Die Zahl der
Apotheken habe den niedrigsten Stand seit 15 Jahren erreicht.
Laut der Bundesvereinigung deutscher Apothekerverbände gab es im Jahr 2011
genau 21.238 Apotheken in Deutschland. Ihr Gesamtumsatz durch den
Medikamentenverkauf betrug für 2011 rund 37 Milliarden Euro. 32,5
Milliarden davon erwirtschafteten die Apotheken durch den Verkauf von
verschreibungspflichtigen Arzneimitteln.
Ende 2010 hatten 2.905 Apotheken in Deutschland eine
Versandhandelserlaubnis. Ihr Umsatz lag 2011 bei 1,3 Milliarden Euro. 343
Millionen davon wurden durch den Verkauf und Versand von rezeptpflichtigen
Arzneimitteln erwirtschaftet.
## Konkurrenz oder Zusatzangebot?
Während die sogenannten wohnortnahen Apotheken, also die analogen, wenn man
so will, Verluste beklagen verkünden die Versandapotheken nicht ohne Stolz
ihre guten Zukunftsprognosen: „Der Marktanteil des Versandhandels an
rezeptfreien Arzneimitteln wird in den nächsten Jahren auf rund 17 Prozent
wachsen“, hieß es kürzlich im Mai auf dem Bundeskongress der
Versandapotheken.
„Die Versandapotheken sind uns nicht nur ein Dorn im Auge, ich finde man
sollte sie ganz verbieten“, sagt Gunnar Müller, Apotheker aus Detmold und
Mitbetreiber der Seite [2][Apothekerprotest.de]. Die Internetapotheken
würden Beratungen nur auf Anfrage erteilen, während die wohnortnahen
Apotheken gesetzlich zur Beratung verpflichtet seien.
„Nicht zu sprechen von den steuerlichen Vorteilen, welche die
Versandapotheken im europäischen Ausland haben. Versandapotheken in den
Niederlanden müssen zum Beispiel nur sechs Prozent Mehrwertsteuer bezahlen,
bekommen von den deutschen Krankenkassen aber dennoch den Einkaufspreis und
zusätzlich 19 Prozent Mehrwertsteuer abgerechnet“, erklärt Gunnar Müller.
Das sei nicht gerecht.
Die Versandapotheken in Deutschland sehen sich nicht als Konkurrenz zu den
wohnortnahen Apotheken, wie Kathrin Grimm, Leitende Apothekerin der
Online-Apotheke „Zur Rose“ sagt: „Wir haben nicht vor die stationären
Apotheken vom Markt zu verdrängen. Wir sehen uns als Zusatzangebot, auch
vor allem für strukturschwache Gebiete, wo es eben wenige Apotheken gibt.“
## Koalition will Auswüchse bekämpfen
Die Bundesregierung hat schon im [3][Koalitionsvertrag] festgehalten, man
werde „die Auswüchse beim Versandhandel bekämpfen.“ Bislang sind allerdin…
alle Versuche, auch jene welche das Verbot der sogenannten Pick-up-Stellen
zum Ziel hatten, an verfassungsrechtlichen Hürden, wie der Berufsfreiheit,
gescheitert.
Die Linke fordert aktuell [4][in einem Antrag] den
Medikamentenversandhandel zu verbieten, da er ein „Haupteinfallstor für
Fälschungen“ sei. Der Pick-up-Handel, der es laut dem Antrag der Linken
erlaube Arzneimittelsendungen bei Drogerien, Tankstellen oder Metzgereien
abzuholen, werde dem besonderen Charakter von Arzneimittel nicht gerecht.
Wolfgang Schmitz, Sprecher des Zollkriminalamtes, erklärte auf Anfrage,
dass die Zahl der beschlagnahmten Medikamente in Deutschland mit fünf
Millionen im Jahr nach wie vor hoch sei. „Bei der Erhebung der Zahlen
machen wir aber keine Unterscheidungen sichtlich der Einfuhrwege“, sagte
Schmitz. Die Anzahl an gefälschten Medikamenten, die durch Versandapotheken
vertrieben würden, sei nicht bekannt.
Das Hauptproblem an der Misere der wohnortnahen Apotheken sieht Gunnar
Müller von Apothekenprotest.de indes nicht bei den Internetapotheken,
sondern bei den Krankenkassen und dem zu großen Bürokratieaufwand für die
Apotheker. „Während die Krankenkassen uns Apotheker in der Bürokratie
ersaufen lassen, unterlässt die Politik seit Jahren eine stärkere
Reglementierung der Krankenkassen“, sagt Müller.
## Gesundheitsausschuss tagt Montag
Im Gegenteil, die Krankenkassen würden von der Politik begünstigt. So habe
die Politik im Jahr 2011 durch die Einführung des Gesetzes zur Neuordnung
des Arzneimittelmarktes die Apotheker zum Sparen verpflichtet, weil man
befürchtete die gesetzlichen Krankenkassen hätten ein Defizit von elf
Milliarden Euro gehabt. „Bekanntlich hat sich herausgestellt, dass die
Krankenkassen nun auf einem Milliardenüberschuss sitzen. Da fühlt man sich
schon belogen“, sagt Gunnar Müller.
In einem Brief an die Bundestagsabgeordneten fordert Apotheker Müller von
der Politik eine „umfassende Neuregelung des Apothekenwesens in
Deutschland.“ Der aktuell von der Bundesregierung besprochene
Gesetzesentwurf für Apotheker gleiche in der jetzigen Form nur einem
„Torso“.
Der Gesundheitsausschuss des Bundestages tagt am Montag. Auf der
[5][Tagesordnung] steht auch der genannte Antrag der Linken zum Verbot des
Medikamentenversandhandels.
11 Jun 2012
## LINKS
[1] http://ec.europa.eu/information_society/digital-agenda/documents/digital-ag…
[2] http://www.apothekerprotest.de
[3] http://www.cdu.de/doc/pdfc/091026-koalitionsvertrag-cducsu-fdp.pdf
[4] http://dipbt.bundestag.de/dip21/btd/17/095/1709556.pdf
[5] http://www.bundestag.de/bundestag/ausschuesse17/a14/tagesordnungen/79_Sitzu…
## AUTOREN
Giuseppe Paletta
## ARTIKEL ZUM THEMA
Karlsruhe urteilt über Versandapotheken: Preisbindung gilt auch für Europäer
Das wäre geklärt: Auch europäische Versandapotheken unterliegen der
deutschen Preisbindung. So jedenfalls urteilte der Gemeinsame Senat der
obersten Gerichtshöfe.
Drohende Krise bei Antibiotika: Eine Wunderwaffe wird stumpf
Antibiotika haben Millionen Leben gerettet. Aber nun versagen so viele der
Medikamente gegen Krankheitserreger wie noch nie. Was tun?
Allergika-Spritze „Anapen“ zurückgerufen: Für Fehler zahlt der Kunde
Eine Medizinfirma ruft ein Allergika-Medikament zurück, doch die Kosten für
den Ersatz zahlen Patienten und Krankenkassen. Möglich macht das eine
Gesetzeslücke.
Medikamentenpreise in Deutschland: Pillen sind eben teuer
Im Streit über transparente Medikamentenpreise bieten die Krankenkassen der
Industrie einen Kompromiss an. Extern dürfen hohe Listenbeträge genannt
werden.
You are viewing proxied material from taz.de. The copyright of proxied material belongs to its original authors. Any comments or complaints in relation to proxied material should be directed to the original authors of the content concerned. Please see the disclaimer for more details.