# taz.de -- Freie Wähler in Bayern: Frau Pauli nimmt einen neuen Anlauf | |
> Die Ex-CSU-Rebellin Gabriele Pauli versucht den Aufstieg bei den Freien | |
> Wählern. Deren Chef Hubert Aiwanger aber will sie noch nicht einmal als | |
> Mitglied. | |
Bild: Bessere Zeiten: Gabriele Pauli und Hubert Aiwanger im Wahlkapf 2009. | |
MÜNCHEN taz | Gabriele Pauli will wieder kämpfen. Bereits 2007 hat die | |
ehemalige CSU-Landrätin einen großen Mann der Politik gestürzt. Paulis | |
Vorwurf, sie sei im Auftrag von Edmund Stoiber bespitzelt worden, setzte in | |
der CSU eine Dynamik in Gang, die den bayerischen Ministerpräsidenten zum | |
Rücktritt zwang. Seither gilt Pauli als Politrebellin im konservativen | |
Lager. Nun legt sie sich erneut mit einem politischen Alphamännchen an. | |
Diesmal ist es Hubert Aiwanger, Landesvorsitzender der Freien Wähler in | |
Bayern, mit dem Pauli ihren Disput öffentlich zelebriert. Auch in seiner | |
Partei, einem Zusammenschluss von CSU-frustrierten Konservativen, die im | |
ländlichen Bayern jeden dritten Bürgermeister stellen und bei der | |
Landtagswahl 2013 gemeinsam mit SPD und Grünen die CSU-Regierung stürzen | |
wollen, war Pauli Mitglied. | |
2009 zog sie für die Freien Wähler in den Europawahlkampf. Danach habe sie | |
die Partei auf Bundesebene etablieren wollen, wie sie sagt. Ein Ziel, das | |
Hubert Aiwanger selbst anstrebt. Deshalb habe Aiwanger sie damals zu | |
Unrecht aus der Partei ausgeschlossen und fälschlicherweise behauptet, sie | |
habe eine eigene Partei gründen wollen. „Eine Lüge“, sagt Pauli. Die Part… | |
„Freie Union“ – deren Vorsitzende Pauli längst nicht mehr ist – habe s… | |
erst nach dem Rauswurf bei den Freien Wählern gegründet. | |
„Wahrscheinlich war ich zu populär“, befindet sie. Nun hat Pauli, die zwar | |
2009 für die Freien Wähler in den Landtag einzog, dort aber nun ohne | |
Parteizugehörigkeit sitzt, einen Antrag auf Wiederaufnahme gestellt. Und | |
nicht nur das – sie will reden, am Samstag bei der Freie-Wähler-Versammlung | |
im unterfränkischen Geiselwind. | |
„Ich bin nach Satzung Mitglied“, sagt Pauli und lächelt süffisant. „Als | |
Mitglied darf man mir den Zutritt zu der Versammlung nicht verwehren.“ Das | |
sieht der Chef der Freien Wähler anders. Der Bundesvorstand habe ihren | |
Mitgliedsantrag abgewiesen, ließ Aiwanger verlauten. Pauli könne nicht | |
auftreten. | |
## Die große Aiwanger-Lüge | |
Die Politrebellin – blaues Chiffonkleid, tief ausgeschnittene Lederjacke, | |
pinker Lippenstift – lässt das nicht gelten. „In der Satzung steht, dass | |
jeder bei den Freien Wählern Mitglied werden darf, der mit den Zielen der | |
Partei übereinstimmt.“ Sie habe in den letzten zwei Jahren fast | |
ausschließlich mit der Fraktion gestimmt: „Nur weil Aiwanger sagt, er hat | |
die Faxen dicke, ist das kein Grund, mich auszuschließen.“ | |
Auch Formfehler führt sie an. Zur Einberufung des Bundesvorstands, der über | |
ihren Mitgliedsantrag entscheide, sei laut Parteisatzung eine Frist nötig. | |
Die habe Aiwanger nicht eingehalten. Bei der Versammlung will die | |
54-Jährige nun „die große Aiwanger-Lüge“ klarstellen. | |
Das gemeinsame Ziel, die Freien Wähler in den Bundestag führen zu wollen, | |
immerhin ist belegt. Aiwanger, Landeschef in Bayern und Vorsitzender der | |
Bundesvereinigung der Freien Wähler in Personalunion, strebt dieses Ziel | |
mit prominenter Hilfe an. Erst kürzlich verpflichtete er den früheren | |
Industrieverbandschef Hans-Olaf Henkel sowie den Adenauer-Enkel Stephan | |
Werhahn als Unterstützer im Bund. | |
## Sie hat auch kein Rederecht | |
Darüber hinaus macht Aiwanger als Euro-Skeptiker gegen das | |
milliardenschwere Rettungspaket mobil. Ein ideologischer Spagat für die | |
meisten parteifreien Lokalpolitiker aus Bayern, die überwiegend in | |
Gemeinde- und Kreisräten aktiv sind. Just bei der Versammlung, die Pauli | |
kapern will, sollen sie darüber abstimmen, ob die Partei bei der | |
Bundestagswahl antreten wird. | |
Paulis Guerilla-Aktion könnte in dieser parteiinternen Gemengelage für | |
Aufruhr sorgen. Aiwanger bestätigte auf Nachfrage der taz: „Wir lassen sie | |
nicht in den Veranstaltungssaal, und sie hat auch kein Rederecht.“ Pauli | |
dagegen hofft: „Die Freien Wähler, die sich Basisdemokratie auf die Fahnen | |
heften, werden mich doch wohl reden lassen.“ | |
Paulis politische Laufbahn ist am Ende, wenn ihr bis Ablauf der | |
Legislaturperiode nicht der Anschluss an eine Partei gelingt. Lässt | |
Aiwanger, der von der Basis immer wieder für seine Allmachtsstellung | |
kritisiert wird, Pauli am Samstag aus dem Saal werfen, könnte das einen | |
Eklat provozieren. Dann hätte Pauli zum zweiten Mal einen starken Mann | |
beschädigt. Immerhin. | |
15 Jun 2012 | |
## AUTOREN | |
Marlene Halser | |
## TAGS | |
Sylt | |
## ARTIKEL ZUM THEMA | |
Gabriele Pauli im Sylter Wahlkampf: Die Bayerin und das Meer | |
Gabriele Pauli war erst Landrätin, dann CSU-Rebellin und Star der Freien | |
Wähler. Jetzt will sie Bürgermeisterin auf Sylt werden. | |
Rechtsruck zu den Freien Wählern: Freie CDU-Wähler | |
CDU-Politiker trommeln in einer „Wahlalternative 2013“ für die Freien | |
Wähler. Die sollen „Partnerpartei“ für Konservative und Euroskeptiker sei… | |
Kommentar Münchner Flughafen: Kleingeistig? Na und! | |
Die Münchner wählten lokal und dachten global: Die überraschende Ablehnung | |
des Großflughafens ist eine Solidaritätserklärung mit dem lärmgeplagten | |
Umland. | |
Ex-BDI-Chef Henkel und die Freien Wähler: Der Traum von einer rechten FDP | |
Hans-Olaf Henkel träumt von einer neuen Partei - schließlich sei die FDP am | |
Ende. Einfacher als eine Neugründung ist eine bestehende Partei umzumodeln. | |
Bayern-SPD und Freie Wähler: Eine inszenierte Landpartie | |
Kälber streicheln und Schnittmengen finden: Christian Ude (SPD) trifft | |
seinen potenziellen Koalitionspartner, den Freie-Wähler-Chef Hubert | |
Aiwanger. | |
Gabriele Pauli und ihre neue Partei: Noch keinen Namen überlegt | |
Gabriele Pauli wird von den Freien Wählern aus der Fraktion ausgeschlossen, | |
weil sie eine eigene Partei gründen will. Wie sieht Paulis politische | |
Zukunft aus? | |
Wer sind die "Freien Wähler"?: Charismatischer und basisnäher | |
Viele Politiker der Freien Wähler arbeiteten früher für die CSU. Ein | |
wirkliches Programm haben sie aber nicht. |