# taz.de -- Digitales Lesen: Buch + E-Book = Freunde | |
> Verlage experimentieren mit den Möglichkeiten des E-Books – trotz | |
> verhaltener Nachfrage. Inzwischen kann man Texte gleichzeitig in beiden | |
> Formaten kaufen. | |
Bild: Immer schööön langsam mit dem E-Book, damit sich alle dran gewöhnen k… | |
Buch oder E-Book. Lesen auf Papier oder lesen auf einem Reader. Das war | |
bisher die Frage, und als Kunde stand man gelegentlich rätselnd im | |
Geschäft, wie man sich da entscheiden soll. Im Zweifel tendieren die | |
deutschen Leser momentan noch zur Printausgabe eines Buches. | |
Aber alle fürchten (mehr) oder hoffen (weniger), dass sich das ändert: hin | |
zum E-Book. Inzwischen gibt es jedoch auch die Möglichkeit, einen Text in | |
beiden Formaten gleichzeitig zu kaufen, und wer weiß, vielleicht macht das | |
ja Schule. „Buch und E-Book sind jetzt Freunde“, beschreibt der kleine, | |
ambitionierte Verlag Haffmans & Tolkemitt das Konzept auf seiner Homepage. | |
Die Buch-E-Book-Kombination heißt hier „HardcoverPlus“, die Idee ist | |
denkbar einfach: Wenn der Leser einen Roman mit HardcoverPlus-Logo des | |
Verlags Haffmans &Tolkemitt oder auch des unabhängigen Berliner Verlags | |
Rogner & Berhard kauft, dann bekommt er zunächst ein ganz normales Buch. | |
Hinten in diesem Buch findet er einen Code, mit dem er sich die | |
E-Book-Version einmalig aus dem Netz herunterladen kann, die E-Mail-Adresse | |
funktioniert dabei als Ausweis. Und dann kann der Kunde entscheiden, in | |
welcher Version er den Text konsumiert, elektronisch oder analog. | |
In den USA gibt es mit dem bundle ein ähnliches Angebot, in dem beide | |
Formate eines Textes kombiniert werden, es ist allerdings fast so teuer, | |
als würde man die Printausgabe und die elektronische Version desselben | |
Buches einzeln kaufen. Haffmans & Tolkemitt dagegen bieten das E-Book in | |
ihren HardcoverPlus-Ausgaben ohne Aufpreis an. Es rentiere sich zwar | |
wirtschaftlich noch nicht, E-Books herzustellen, „aber wir glauben, dass | |
sich die Gratisbeigabe des elektronischen Buches zum Hardcover lohnt, weil | |
sich vom Buchhändler bis zum Leser alle darüber freuen“, erklärt | |
Vertriebsleiter Jakob Karsten. | |
„Wer sich nicht ruiniert, aus dem wird nichts“, hat sich Haffmans & | |
Tolkemitt auf seine digitalen Fahnen geschrieben und zitiert damit Peter | |
Rühmkorf. Das Motto scheint zu funktionieren, denn der in dieser Form erst | |
seit April 2011 existierende Verlag macht gute Erfahrungen mit dem Angebot. | |
## E-book-Verkauf verdoppelt - von 0,5 auf 1 Prozent | |
Solche guten Erfahrungen sind derzeit allgemein rar in der Buchbranche. Der | |
Börsenverein des Deutschen Buchhandels hat zuletzt in einem Jahresbericht | |
2011 ein Umsatzminus von 1,4 Prozent auf dem Gesamtmarkt festgestellt. Der | |
Verkauf von E-Books hat sich im Vergleich zum Vorjahr zwar verdoppelt, | |
allerdings nur von 0,5 auf 1 Prozent, und er ist bisher weit davon | |
entfernt, den Rückgang auf dem Markt des gedruckten Bücher kompensieren zu | |
können. Obwohl deutsche Leser die E-Book-Angebote also nach wie vor nur | |
marginal nutzen, ist das neue Medium laut Alexander Skipis, dem | |
Hauptgeschäftsführer des Börsenvereins des Deutschen Buchhandels, der | |
Hoffnungsträger der Branche. | |
Folglich experimentieren derzeit viele Verlage mit den Möglichkeiten des | |
E-Books, allerdings bislang in anderen Richtungen als Haffmans & Tolkemitt | |
und Rogner & Bernhard. Die Fischer Verlage beispielsweise bieten eine | |
Buch-App an, auf der man sich Auszüge vorlesen lassen kann. Der Rowohlt | |
Verlag hat, ähnlich wie Kiepenheuer & Witsch, ein enriched oder enhanced | |
E-Book entwickelt, bei dem der User die Möglichkeit hat, mit dem Autor oder | |
anderen Lesern in Kontakt zu treten, Musik zu hören oder passende Filme | |
anzugucken. | |
Dieses multimediale E-Book hatte Rowohlt schon 2010 unter der Bezeichnung | |
„Digitalbuch plus“ auf der Frankfurter Buchmesse vorgestellt, zwei Jahre | |
später führt der Verlag nun zwölf Titel dieser „angereicherten“ | |
Lesespektakel. Doch es sind nur etwa 3 Prozent des Marktanteils, die die | |
elektronischen Angebote bei Rowohlt ausmachen – auch wenn man die | |
textbasierten E-Books dazurechnet. „Die experimentellen Angebote werden von | |
der Zielgruppe noch nicht im erhofften Ausmaß angenommen“, sagt Ralf | |
Tornow, Leiter des Digitalbuch-Bereichs im Rowohlt Verlag. | |
Trotzdem führen etwa die Hälfte aller Verlage E-Books im Programm, laut dem | |
Bericht des Börsenvereins werden es demnächst 90 Prozent sein. Und die | |
Verlage sehen die Entwicklung dieses Marktes optimistisch: Bis 2015 rechnet | |
man mit einem Umsatzanteil der E-Books am Gesamtumsatz von bis zu 17 | |
Prozent. | |
Derzeit sieht es noch so aus, dass dieser Strukturwandel recht langsam | |
vonstatten gehen wird, Das bedeutet: Alle Seiten können sich an die neuen | |
Medien gewöhnen. Den Verlagen bleibt Zeit, um weiter an Formaten | |
herumzuexperimentieren, und die Leser können noch eine Weile überlegen, | |
welches Lesegerät sie sich am besten zulegen. | |
15 Jun 2012 | |
## AUTOREN | |
Catarina von Wedemeyer | |
## TAGS | |
Schwerpunkt Frankfurter Buchmesse 2024 | |
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