# taz.de -- Wie die EU Energie sparen will: Entscheidende Regeln verwässert | |
> Die EU-Mitgliedsstaaten wollen Energie einsparen, ein Fünftel bis 2020. | |
> Nun haben sie eine Richtlinie beschlossen, die dorthin führen soll. Sie | |
> sind sehr lax. | |
Bild: Die EU will Energie einsparen: Auch Wärmedämmung soll dabei helfen. | |
BRÜSSEL taz | Wenigstens an einem haben die EU-Mitgliedsstaaten | |
festgehalten: Sie wollen nach wie vor bis 2020 mindestens 20 Prozent | |
Energie einsparen. Dazu haben sie sich in der nun beschlossenen | |
Energieeffizienz-Richtlinie verpflichtet. Allerdings bleiben die Maßnahmen | |
äußerst unverbindlich. | |
Klimaschützer gehen davon aus, dass mit dieser Richtlinie höchstens 15 | |
Prozent Energie eingespart werden können. „Ich sehe das mit einem lachenden | |
und einem weinenden Auge. Immerhin haben wir größeren Schaden verhindern | |
können“, sagt der grüne EU-Abgeordnete und Verhandlungsführer der | |
Parlamentarier Claude Turmes. | |
Der politischen Einigung zwischen EU-Regierungen und dem Europäischen | |
Parlament war ein monatelanger Streit vorausgegangen. Vor allem | |
Deutschland, Spanien, Portugal und Finnland wehrten sich gegen zu strenge | |
Vorgaben aus Brüssel. Sie haben es unter der Führung des deutschen | |
Wirtschaftsministeriums geschafft, den Gesetzestext an einigen | |
entscheidenden Stellen extrem zu verwässern. | |
Ursprünglich sah die Richtlinie vor, dass sich Energieversorger | |
verpflichten müssen, jedes Jahr mindestens 1,5 Prozent weniger Energie zu | |
verkaufen. Besonders deutsche Unternehmen haben sich dagegen gesträubt. Nun | |
bleibt es den Regierungen überlassen, ob sie eine solche Regel einführen | |
oder die Einsparungen anders – zum Beispiel mit der finanziellen Förderung | |
von Energiesparprogrammen – erreichen wollen. | |
## Sanierungszwang nur für Regierungsgebäude | |
Auch bei der Sanierung von staatlichen Gebäuden haben die Mitgliedsländer | |
mehr Spielraum bekommen. Betroffen sind von dem Sanierungszwang lediglich | |
Gebäude, die der Regierung gehören und auch von ihr genutzt werden. Bei | |
Berechnungen für eine frühere Richtlinie von 2010 geht die EU-Kommission | |
davon aus, dass das in Deutschland nur 37 Gebäude sind. Die Bundesregierung | |
dementiert das und spricht von mehreren tausend. | |
Auch bei der Berechnung der Einsparungen sind zahlreiche Ausnahmen | |
zugelassen. Zum Beispiel dürfen Energieverkäufe an Unternehmen, die am | |
EU-Emissionshandel teilnehmen, in Teilen nicht auf den Energieverbrauch | |
angerechnet werden. Außerdem können die Mitgliedsstaaten | |
Energiesparprojekte einrechnen, die schon vor dem Richtlinien-Beschluss | |
getätigt wurden. | |
Eine zeitliche Begrenzung sieht die Richtlinie nicht vor. Insgesamt dürfen | |
diese Ausnahmen allerdings nicht 25 Prozent der Einsparverpflichtung | |
überschreiten. Deutschland hatte sich dafür eingesetzt, dass die bereits | |
getroffenen Maßnahmen zusätzlich angerechnet werden dürfen, konnte sich | |
damit aber nicht durchsetzen. | |
Nun komme es darauf an, dass die Regierungen der Verpflichtung nachkommen, | |
sagt Christian Noll von der deutschen Unternehmensinitiative | |
Energieeffizienz: „Deutschland muss bei der Umsetzung Vorbild in Europa | |
werden, um die europäischen und die eigenen energiepolitischen Ziele zu | |
erreichen.“ In zwei Jahren will die EU-Kommission überprüfen, ob das | |
Einsparziel erreicht werden kann. Gegebenenfalls wird sie dann noch einmal | |
strengere Regeln vorschlagen. | |
15 Jun 2012 | |
## AUTOREN | |
Ruth Reichstein | |
## TAGS | |
Schwerpunkt Klimawandel | |
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