# taz.de -- Fünf neue Elite-Unis: Osten jetzt auch exzellent | |
> Deutschland bekommt neue Elite-Unis: Auch Dresden ist dabei und Berlin | |
> jetzt doppelt vertreten. Die Kritik an der Exzellenzinitiative reißt | |
> nicht ab. | |
Bild: Jetzt auch exzellent: Die Berliner Humboldt-Universität. | |
BERLIN taz | Dresden, Bremen, die Humboldt-Universität in Berlin, Köln und | |
Tübingen sind Deutschlands neue „Elite-Universitäten“. Sie haben den | |
Exzellenz-Wettbewerb von Deutscher Forschungsgemeinschaft (DFG) und | |
Wissenschaftsrat gewonnen und werden bis 2017 jährlich knapp zweistellige | |
Millionenbeträge zur Förderung ihrer Forschungsschwerpunkte von Bund und | |
Ländern einstreichen. | |
Den Titel und damit das Fördergeld verloren haben die Universitäten | |
Göttingen und Freiburg – und zur allgemeinen Überraschung auch das „KIT“ | |
Karlsruhe, ein viel beachteter technisch-naturwissenschaftlicher Standort. | |
Den Titel behalten dürfen die beiden Münchner Unis, die FU Berlin, | |
Heidelberg, Konstanz und Aachen. Damit hat die Förderung der | |
Spitzenhochschulen ihren Schwerpunkt leicht aus dem Süden der Republik nach | |
Norden und Osten verlagert. | |
„Dieser Wettbewerb hat das deutsche Wissenschaftssystem nachhaltig | |
verändert und den Forschungsstandort im internationalen Vergleich erheblich | |
gestärkt und wird es weiterhin tun“, erklärte DFG-Präsident Matthias | |
Kleiner auf der Pressekonferenz am Freitag in Bonn, wo die Akteure der | |
Exzellenzinitiative ihre Auswahl präsentierten. | |
Diese Initiative wurde 2005 von der damaligen großen Koalition mit den | |
Bundesländern angeschoben. Zweck war vornehmlich internationale | |
Konkurrenzfähigkeit. Förderung und Titel sollen Ebenbürtigkeit mit | |
Universitäten etwa der US-Ostküste oder Oxford und Cambridge in England | |
signalisieren. In der ersten Förderphase ab 2006/2007 wurden 1,9 Milliarden | |
Euro (75 Prozent vom Bund, 25 Prozent von den Ländern) ausgeschüttet. | |
## Mehr als ein Drittel aller Unis bekommt Geld | |
Zur zweiten Phase werden nun 2,4 Milliarden Euro verteilt. Damit aber | |
würdigen DFG und Wissenschaftsrat nicht nur die nun 11 Hochschulen mit den | |
besten „Zukunftskonzepten“, die zum „Elite“-Status führen. Es werden | |
außerdem 45 Graduiertenschulen und 43 Exzellenzcluster finanziert, wo | |
wissenschaftlicher Nachwuchs gefördert und einzelne Themen vertieft | |
erforscht werden. Insgesamt profitieren 39 Universitäten, das ist über ein | |
Drittel aller Unis (ohne Hochschulen). | |
Aus sämtlichen bedachten Unis gingen am Freitagnachmittag Glücks- und | |
Jubelbekundungen heraus – teils aufgrund dürrer Informationslage, die | |
Übertragung per Livestream im Internet brach pünktlich mit Beginn der | |
Pressekonferenz zusammen. | |
In Dresden war das egal. „Jetzt sind wir ganz offiziell eine | |
Exzellenzuni!“, rief der Rektor Hans Müller-Steinhagen und löste einen | |
Jubelsturm in der alten Mensa aus. Im zweiten Anlauf hat es die TU Dresden | |
als einziger Exzellenzbewerber aus einem neuen Bundesland geschafft. | |
Ministerpräsident Stanislaw Tillich (CDU) sicherte prompt Baumaßnahmen zu | |
und dass doch keine Stellen gekürzt würden. Der Linken-Hochschulpolitiker | |
Gerhard Besier warnte allerdings vor weiteren Verschiebungen zu Lasten von | |
Geisteswissenschaften und der anderen drei sächsischen Universitäten. | |
## Die Stärksten werden noch weiter gestärkt | |
Schon seit ihrer Gründung hat die Exzellenzinitiative Kritik auf sich | |
gezogen. Wichtigster Vorwurf ist, dass die Stärksten noch gestärkt werden – | |
dass also diejenigen Hochschulen, die ohnehin viele Drittmittel aus der | |
Privatwirtschaft und gute ProfessorInnen anwerben, noch Staatsgeld dazu | |
bekommen. | |
Eine neue Untersuchung bemängelt außerdem, dass die Forschung über die | |
Lehre gestellt wird und dass das Gesamtinteresse der Uni gegenüber dem | |
individuellen Ehrgeiz der ProfessorInnen zu kurz kommt. „Über 90 Prozent | |
der befragten Professoren sagten, ihre eigenen Forschungsinteressen seien | |
ihnen wichtiger als die Profilbildung der eigenen Hochschule“, erklärt | |
Dagmar Simon vom Wissenschaftszentrum Berlin, Mitautorin der Studie. | |
Angesichts der öffentlichen Finanzlage sei außerdem die Zukunft der | |
Exzellenzprojekte ungewiss, denn 2017 soll die Exzellenzinitiative | |
auslaufen. „Wenn die Schuldenbremse greift, werden die Bundesländer große | |
Probleme bekommen, ihre Hochschulen auf dem heutigen Niveau zu | |
finanzieren“, sagt Simon. | |
15 Jun 2012 | |
## AUTOREN | |
U. Winkelmann | |
M. Bartsch | |
K. Ludwig | |
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