Introduction
Introduction Statistics Contact Development Disclaimer Help
# taz.de -- Landverteilung in Paraguay: Landlose Bauern greifen zu den Waffen
> „Sie haben geschossen, um zu töten.“ Elf Bauern und acht Polzisten
> sterben bei einem Feuergefecht um die Besetzung eines Landguts. Eine
> angekündigte Reform kommt nicht voran.
Bild: Ein Mann zeigt eine der großkalibrigen Waffen, mit denen die Bauern ausg…
BUENOS AIRES taz | Bei Auseinandersetzungen zwischen landlosen Bauern und
der Polizei sind in Paraguay mindestens 19 Menschen ums Leben gekommen.
Nach Angaben des Innenministeriums wurden am Freitag bei einem mehrere
Stunden dauernden Feuergefecht elf Bauern und acht Polizisten getötet, über
80 Menschen zum Teil schwer verletzt. Es waren die blutigsten
Auseinandersetzungen der letzten zwölf Jahre. Präsident Fernando Lugo
entsandte umgehend Soldaten in die Region. Zudem entließ er seinen
Innenminister Carlos Filizzola und den obersten Polizeichef Paulino Rojas.
Nach den Berichten der paraguayischen Tageszeitung ABC Color wurden die
Polizisten von den bewaffneten Bauern angegriffen, als sie versuchten,
diese aus einem 2.000 Hektar großen Schutzgebiet im Bezirk Canindeyñ, rund
380 Kilometer nordöstlich der Hauptstadt Asunción, zu vertreiben. In einem
Fernsehinterview sagte der Polizeichef des Bezirks Canindeyu, Walter Gomez,
die Bauern seien mit großkalibrigen Waffen wie M-16-Gewehren ausgerüstet.
„Sie haben direkt geschossen, um zu töten“, so Gomez.
Bei den landlosen Bauern soll es sich um Angehörige der sogenannten Liga
Nacional de Carperos handeln, die als radikale Organisation der
paraguayischen Landlosenbewegung gilt. Carpero-Anführer José Rodríguez
bestätigte die Beteiligung von Angehörigen seiner Organisation an der
Besetzung. Das Blutbad könne jedoch von Teilen der Polizei selbst
angezettelt worden sein, um den Tod der Landlosen rechtfertigen zu können,
so Rodríguez gegenüber einem Fernsehsender. Rund 100 Kleinbauernfamilien
waren Ende Mai auf das im Schutzgebiet liegende Landgut Campo Morombí
eingedrungen. Der Eigentümer dieser Ländereien ist der frühere Senator Blas
Riquelme.
Bauernorganisationen haben gegen den 83-jährigen Riquelme einen Prozess
wegen der illegalen Aneignung staatlichen Ländereien gefordert. Die
Wahrheitskommission zur Aufarbeitung der Verbrechen während der Diktatur
von General Alfredo Stroessners (1954–1989) hat erklärt, dass von 1954 bis
2003 rund 7 Millionen Hektar Land an regimetreue Anhänger verteilt wurden.
Noch immer sind 80 Prozent des fruchtbaren Bodens im Besitz von knapp 2
Prozent der Bevölkerung. Die von Präsident Fernando Lugo versprochene
Landreform kommt nicht voran. Fast täglich demonstrieren Kleinbauern und
Landlose. José Rodríguez, der als enger Berater von Lugo gilt, hatte in der
Vergangenheit mehrfach die Überprüfung und Reorganisation der ehemals
staatlichen Ländereien verlangt. In vielen Fällen wisse der Staat gar
nicht, wem das Land gehört, so Rodríguez. „Bei der Verwaltung der
Ländereien herrscht das totale Chaos“, sagt Rodríguez.
17 Jun 2012
## AUTOREN
Jürgen Vogt
## TAGS
Aktivismus
## ARTIKEL ZUM THEMA
Gewalt gegen Aktivisten in Brasilien: Straffreies Morden
Gewalt gegen Menschenrechtsaktivisten und Umweltschützer nimmt in
Lateinamerika zu. Vor allem in Brasilien enden Angriffe oft tödlich.
Folgen des Agrar-Putsches in Paraguay: Der umgegrabene Staat
Vor einem Monat wurde Paraguays Präsident Lugo gewaltlos abgesetzt. Der
Kampf für eine nachhaltigere Landwirtschaft ist jetzt erst einmal vorbei.
Paraguays Staatschef ist unerwünscht: „Bruch der demokratischen Ordnung“
Fernando Lugo in Bedrängnis: Das südamerikanische Wirtschaftsbündnis
Mercosur will Sanktionen gegen Paraguays Präsident beschließen.
Machtwechsel in Paraguay: Kalter Putsch oder legitimer Wechsel?
Das Parlament in Asunción setzt Staatschef Lugo ab und wählt mit Franco
einen Rechten. Das geht den Nachbarländern zu schnell. Bundesminister
Niebel hat keine Bedenken.
Politischer Prozess in Paraguay: Präsident Lugo droht Amtsenthebung
Das Parlament macht Lugo für den Tod von 17 Menschen bei den Zusammenstößen
von Landbesetzern und Polizisten verantwortlich. Noch lehnt er einen
Rücktritt ab.
Landgrabbing in Lateinamerika: El Dorado für Investoren
Der Gensoja-Anbau verzeichnet sagenhafte Wachstumsraten, aber er gefährdet
die lokale Bevölkerung. Mit der steigenden Nachfrage wachsen auch die
Begehrlichkeiten auf Land.
Spekulationen mit Ackerland: Die Sojafront rückt vor
Finanzfirmen haben Ackerland im Süden der Welt als Geldanlage entdeckt. In
der Chaco-Savanne in Argentinien verdrängen riesige Monokulturen die
indigenen Kleinbauern.
Paraguayischer Bauer über Widerstand und Gift: „Die Gentechnik zerstört uns…
Er ist Protagonist des Protestfilms „Raising Resistance“, Bauer zwischen
Gentechnikfarmern und kein Freund von Waffen und gespritzten Pflanzen.
Geronimo Arevalos im Interview.
You are viewing proxied material from taz.de. The copyright of proxied material belongs to its original authors. Any comments or complaints in relation to proxied material should be directed to the original authors of the content concerned. Please see the disclaimer for more details.