# taz.de -- Madonnas neuer Film „W.E.“: Zu viel Zucker im Pudding | |
> Madonnas neuer Film „W.E.“ verkantet ein Royalisten- mit einem | |
> Penthousedrama. Das Problem des Films: Es gibt für vieles keinen Grund, | |
> und alles ist zu viel. | |
Bild: Kein blühender Blödsinn, sondern fader Pudding: W.E. | |
Einmal bricht der Film kurz auf: Eine reichlich müde Gesellschaft schaut | |
Stummfilme. Erst als ein Pülverchen in den Drinks landet, kommt Leben in | |
die Bude. | |
Wallis Simpson (Andrea Riseborough) stürmt auf die Bühne vor der Leinwand | |
und beginnt zu „Pretty Vacant“ von den Sex Pistols zu tanzen. Verglichen | |
mit ihrem sonst zur Schau gestellten leicht verschnupften Ladycharme wirkt | |
sie ausgelassen. „We don’t care“, singt Johnny Rotten, und das passt: Die | |
Szene spielt in den Dreißigern, uns doch egal. | |
Die Punkattitüde, mit der hier ein einziges Mal die Regeln wie Konfetti | |
durch die Luft gewirbelt werden, täte dem Film auch abseits dieser Szene | |
gut. So fühlt sie sich an wie eine kontrollierte Sprengung, schön zwar für | |
den Moment, aber eingebettet in bleierne Langeweile. „I got no reason, it’s | |
all too much“, lautet eine weitere Textzeile aus dem Pistols-Song, und man | |
fürchtet, die Regisseurin Madonna darin sprechen zu hören: In „W.E.“ gibt | |
es für vieles keinen Grund, und alles ist zu viel. | |
Das Kameragezitter etwa und die Schnitte: Miteinander verkantet sind die | |
Geschichte von Wallis Simpson und König Edward VIII. (James D’Arcy), deren | |
Liebesbeziehung den Aristokraten 1936 um den britischen Thron brachte, und | |
die Geschichte von Wally Winthrop (Abbie Cornish), deren Ehe 1998 in die | |
Brüche geht. Winthrop verliert sich bei einer New Yorker Auktion von | |
Memorabilia des britischen Herzogpaars in dessen Geschichte; zugleich | |
verliebt sie sich in den russischen Aufpasser. | |
Madonna erzählt das im erratisch-hektischen Stil, oft, mutmaßt man, weiß | |
sie selbst nicht genau, warum sie welche Szenen per Rückblende miteinander | |
vernäht, geschweige denn warum sich die Kamera auf diese oder jene Weise | |
zum Geschehen verhält: Oft ist sie intim nah dran, hüpft hektisch von hier | |
nach dort, vielleicht zurück, vielleicht auch nicht, sie will das große | |
Bild so dringend wie das Detail. | |
## Material aus dem -Heft | |
Kein blühender Blödsinn eigenen Rechts entsteht aber aus dieser | |
Gemengelage, sondern fader Pudding. Und da Madonna ihren Bildern nicht | |
traut, kippt sie darüber Zuckerguss aus schwer am Gemüt zerrender | |
Streichermusik, die das nervöse Bildergewimmel ständig vor sich hertreibt. | |
Die Sache macht’s nicht besser, man fühlt sich vom Royalistendrama | |
emotional angeherrscht. | |
Die bittere Geschichte eines Monarchen, der seinen Thron für eine | |
Bürgerliche sausen lässt, die bittere Geschichte einer Frau im | |
Wohlstandsknast, die aus ihrer Ehehölle vom geheimnisvollen Russen errettet | |
wird: Im Endeffekt ist das Material aus dem Cora-Heftroman. Dagegen wäre | |
nicht viel zu sagen, wäre das nicht von fadenscheinigem Kunstbohei | |
ummantelt, der in falschen Gewässern nach einer unpassenden Form fischt. | |
## In falschen Gewässern | |
Ein Anliegen hat der Pudding dann aber doch. So gut untergehoben | |
allerdings, dass es zum Ende per Dialog ausbuchstabiert wird: Es wäre an | |
der Zeit, sagt Wally, Wallis’ und Edwards Geschichte nicht mehr nur aus | |
Perspektive seiner, sondern ihrer Entbehrungen zu erzählen. Oder in nuce: | |
Frauen stehen zu oft zu Unrecht im Schatten ihrer Männer. | |
Das ist als Befund richtig, als Tatsache schrecklich. Es gehört aus jener | |
Welt geschafft, derer sich dieses schmalzige Pastiche aus Royalisten- und | |
Penthousedrama qua Form und Selbstverortung von Anfang an rigoros entledigt | |
hat. | |
20 Jun 2012 | |
## AUTOREN | |
Thomas Groh | |
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