# taz.de -- Förderung durch die Arge: Minijobs sollen groß werden | |
> Die Bundesagentur für Arbeit will geringfügige Jobs in Vollzeitstellen | |
> verwandeln. Ein Pilotprojekt in Dortmund war erfolgreich und soll nun | |
> ausgedehnt werden. | |
Bild: Die gering Beschäftigten suchen vielleicht etwas anderes: eine Vollzeits… | |
BERLIN taz | Die Bundesagentur für Arbeit will sich künftig für die | |
Umwandlung von Minijobs in sozialversicherungspflichtige Teil- oder | |
Vollzeitstellen einsetzen. Vorstandsmitglied Heinrich Alt kündigte an, | |
Modellprojekte aus Dortmund und einigen anderen Städten in | |
Nordrhein-Westfalen auszuweiten. | |
Um die Minijobs toben seit Jahren Debatten. Geringste Löhne von 5 Euro in | |
der Stunde sind keine Seltenheit, wie der DGB berichtet. Viele | |
Berufsrückkehrerinnen bleiben nach der Babypause in einem Minijob hängen, | |
obwohl sie gut qualifiziert sind. Später haben sie dann eine schmerzhaft | |
geringe Rente. In einem Minijob ist man nicht kranken- und nur geringfügig | |
rentenversichert. | |
Die Knappschaft Bahn See verwaltet die MinijobberInnen, nach ihren Zahlen | |
sind knapp 20 Prozent aller ArbeitnehmerInnen derart geringfügig | |
beschäftigt – darunter sind fast 62 Prozent Frauen. Von den knapp 7 | |
Millionen geringfügig Beschäftigten üben knapp 5 Millionen ihre Arbeit im | |
Hauptberuf aus. Dabei handelt es sich etwa um Hausfrauen, die dazuverdienen | |
und über ihren Mann versichert sind. | |
Über eine halbe Million Männer und Frauen verdienen ihren Lebensunterhalt | |
mit Minijobs, den sie dann mit Hartz IV aufstocken. Die SteuerzahlerInnen | |
finanzieren den Unternehmen so billige Arbeitskräfte. Deshalb fordert etwa | |
die Gewerkschaft Ver.di, die Minijobs ganz abzuschaffen. | |
## Aufstocker aus dem Bezug verabschieden | |
Das Dortmunder Programm hatte besonders die Aufstocker im Visier. Sie | |
wurden eingeladen, ihre Arbeitszeit zu erweitern. Dass man sich mit einer | |
Ausweitung der Arbeitszeit generell aus dem unangenehmen Hartz-IV-Bezug | |
verabschieden könne, habe man manchen erst nahebringen müssen, so Susanne | |
Cziske, die Teamleiterin in der Arbeitsagentur Dortmund. | |
Aber wie sollte man die ArbeitgeberInnen überzeugen? „Das ist harte | |
Arbeit“, gibt Cziske zu. Es gebe verschiedene Wege: In manchen Fällen | |
fahren die Arbeitgeber mit einem sogenannten Midijob besser als mit den | |
Minijobs. Dabei verdienen sie sozialversicherungspflichtig bis 800 Euro, | |
die ArbeitnehmerInnen beteiligen sich an den Sozialabgaben. | |
Manchmal denke ein Arbeitgeber auch schlicht nicht daran, dass er, statt | |
eine neue Stelle auszuschreiben, auch Minijobber weiterqualifizieren könne, | |
sagt Cziske. Um das attraktiver zu machen, kann die Agentur Zuschüsse | |
gewähren. Generell werben die VermittlerInnen damit, dass fest beschäftigte | |
ArbeitnehmerInnen sich stärker mit der Firma identifizieren und motivierter | |
sind. | |
275 MinijobberInnen hat die Dortmunder Agentur auf diesem Weg in sozial | |
abgesicherte Jobs vermittelt, davon die Hälfte in Vollzeit. Nicht erhoben | |
wurde, ob die neuen Arbeitsverhältnisse befristet waren oder nicht. Die | |
Bundesagentur für Arbeit ist erfreut und will das Programm ausweiten. | |
Vorstandsmitglied Heinrich Alt sagte, es gehe nicht darum, Minijobs | |
schlecht zu machen: „Es darf sich aber kein dauerhaftes Erwerbsprinzip | |
daraus entwickeln, denn Minijob heißt auch Minirente.“ | |
20 Jun 2012 | |
## AUTOREN | |
Heide Oestreich | |
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