# taz.de -- Flussausbau: Sammelklage gegen Elbvertiefung | |
> Eine Allianz der großen Umweltverbände klagt gegen den Fahrrinnenausbau | |
> für den Hamburger Hafen. Die Gewässerqualität dürfe nicht weiter | |
> verschlechtert werden. | |
Bild: Autobahn zum Meer: die Elbe von Hamburg aus gesehen in der Abendsonne. | |
HAMBURG taz | Die Umweltschutzverbände BUND und [1][Nabu] werden, | |
unterstützt vom WWF, gegen die geplante Elbvertiefung klagen. Das kündigten | |
die drei Organisationen, die sich dafür extra zum „Aktionsbündnis Lebendige | |
Tideelbe“ zusammengeschlossen haben, am Dienstag in Hamburg an. Die Klage | |
soll voraussichtlich am 7. Juli beim Bundesverwaltungsgericht in Leipzig | |
eingereicht werden; Teilaspekte der Klageschrift werden wohl auch dem | |
Europäischen Gerichtshof zur Entscheidung vorgelegt werden. | |
Um am Ende der juristischen Auseinandersetzung, die mehrere Jahre dauern | |
dürfte, nicht vor vollendeten Tatsachen zu stehen, werden die Verbände | |
zudem im Eilverfahren die aufschiebende Wirkung ihrer Klage beantragen. | |
Wird sie gewährt, dürfte der Beginn der Elbausbaggerung für etwa vier Jahre | |
gestoppt sein. | |
## Gegen das Europarecht | |
Zentrales Argument der Klage ist, dass die Ausbaggerung der Elbe | |
europäischem Recht diametral widerspreche. So verbiete die europäische | |
Wasserrahmenrichtlinie jeden Eingriff, der die ökologische Qualität eines | |
Flusses verschlechtere – werde aber immer wieder vom Bund und den | |
Landesregierungen mit dem Hinweis auf das „überwiegende öffentliche | |
Interesse“ an der Vertiefung, Verbreiterung und Begradigung von Flüssen für | |
den Schiffsverkehr ausgehebelt. | |
Andere Negativbeispiele im Norden seien die geplante Vertiefung der | |
Unterweser und die bereits erfolgte mehrfache Vertiefung der Ems, erläutert | |
WWF-Vorstand Eberhard Brandes. Durch die Ausbaggerungen sei die Ems „drei | |
Gewässergüteklassen herabgestuft und zum Sanierungsfall geworden“, sagt | |
Brandes. Vor allem aufgrund menschlicher Eingriffe seien nur noch zehn | |
Prozent der deutschen Flüsse in einem „guten ökologischen Zustand“, ergä… | |
Sebastian Schönauer vom BUND. Nabu-Sprecher Jörg-Andreas Krüger ergänzt: | |
„Es ist viel sinnvoller, die Schiffe an die Flüsse anzupassen, als | |
umgekehrt.“ | |
In der Klage gehe es deshalb darum, am Beispiel der geplanten Elbvertiefung | |
zu zeigen, dass Bund und Länder das europäische Umweltrecht im Umgang mit | |
den Flüssen immer wieder mit Füßen treten. Die deutschen Behörden hätten | |
weder im erforderlichen Umfang Alternativen geprüft – etwa eine verstärkte | |
Kooperation der Elbhäfen – noch seien effektive Ausgleichsmaßnahmen für den | |
„erheblichen Eingriff in die Tideelbe“ auf den Weg gebracht worden. Zudem | |
solle das Gericht prüfen, ob die EU-Kommission, die der Elbausbaggerung | |
Ende des vergangenen Jahres bereits zugestimmt hat, von Hamburg wirklich | |
umfassend über alle Konsequenzen informiert worden ist. | |
## Bedenken der Nachbarn | |
Ursprünglich sollte die Elbvertiefung längst begonnen haben – doch auch die | |
Nachbarländer Hamburgs hatten Bedenken angemeldet. Erst vor wenigen Wochen | |
hat das Vorhaben die letzte politische Hürde genommen. Nachdem Hamburg und | |
Schleswig-Holstein dem Projekt bereits zugestimmt hatten, gab mit | |
Niedersachsen auch der letzte Anrainer grünes Licht, nachdem Hamburg | |
zahlreiche Ausgleichsmaßnahmen in Aussicht gestellt hatte. Und auch der | |
Bund entschloss sich, die Elbvertiefung als „Aufgabe von nationaler | |
Bedeutung“ zu betrachten. | |
Nachdem der fast 2.600 Seiten umfassende Planfeststellungsbeschluss für die | |
Elbvertiefung von Ende Mai bis zum 7. Juni in allen betroffenen Gemeinden | |
entlang der Elbe auslag, sind noch bis Anfang Juli Klagen beim | |
Bundesverwaltungsgericht möglich. Betroffen von der Elbvertiefung ist eine | |
120 Kilometer lange Wasserstrecke zwischen Cuxhaven und dem | |
Containerterminal Hamburg-Altenwerder. | |
Die Umweltverbände und die Gemeinden entlang der Elbe opponieren schon | |
lange gegen das Vorhaben. Unter anderem fürchten die Bauern im Alten Land | |
eine Versalzung der Elbe und damit der Obstwiesen durch das mehr als 500 | |
Millionen Euro teure Projekt. | |
Während die Hamburger Grünen die Klage begrüßten und dem Senat vorwarfen, | |
„die ökologischen Risiken der Elbvertiefung zu ignorieren“, bedauerte der | |
Vorsitzende des DGB-Nord, Uwe Polkaehn, „dass die Umweltverbände den Dialog | |
nun in die Gerichte verlagern wollen“. Dies helfe „weder der Arbeit noch | |
der Umwelt“. Die Vertiefung der Elbe sichere Arbeitsplätze in der | |
norddeutschen Region und könne umweltverträglich gestaltet werden. | |
Hamburgs Wirtschaftssenator Frank Horch (parteilos) betonte, er sehe der | |
Klage mit einiger Gelassenheit entgegen, sei er doch von unserer | |
Planfeststellung überzeugt. Von einem Baustopp durch ein Eilverfahren geht | |
Horch nicht aus: „Ich bin weiterhin optimistisch, dass die Bauarbeiten noch | |
in diesem Jahr beginnen können“, sagte er. | |
19 Jun 2012 | |
## LINKS | |
[1] http://hamburg.nabu.de/projekte/wasser/elbe/05579.html | |
## AUTOREN | |
Marco Carini | |
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