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# taz.de -- Afghanische Anti-Warlord-Partei vor Verbot: Dschihad darf nicht bel…
> Wichtige Warlords rächen sich für die Kritik an ihren
> Menschenrechtsverletzungen: Zum ersten Mal unter Karsai steht in
> Afghanistan eine Partei vor dem Verbot.
Bild: Die Demokratie scheint in Afghanistan so verloren zu sein wie dieses Kind…
BERLIN taz | Erstmals unter Präsident Hamid Karsai haben afghanische
Behörden das Verbot einer politischen Partei eingeleitet. Auf Veranlassung
des Senats, der aus 99 Mitgliedern – davon 33 von Karsai ernannten –
besteht, ermittelt die Staatsanwaltschaft gegen die kleine linke
Solidaritätspartei (SPA) wegen „Beleidigung der Werte des Dschihad“.
Gemeint ist der Kampf gegen die sowjetische Besetzung Afghanistans 1979 bis
1989. Ende Mai erhielt die Partei vom Justizministerium einen
Suspendierungsentscheid, allerdings ohne dass ein gesetzlich
vorgeschriebenes Gerichtsurteil vorliegt. Die Staatsanwaltschaft
dementierte deshalb die Suspendierung.
Hunderte SPA-Anhänger hatten am 30. April in Kabul dagegen protestiert,
dass schwere Menschenrechtsverletzungen unter den kommunistischen und
islamistischen Regimen des Landes bisher kaum verfolgt wurden. Die
Demonstranten kritisierten, dass viele beschuldigte Exmudschaheddinführer
heute hohe Positionen haben, darunter im Parlament, in Karsais Beraterkreis
und im Hohen Friedensrat, der eine Versöhnung mit den Taliban herbeiführen
soll.
Karsais Allianz mit den Warlords und deren internationale Unterstützer, vor
allem in den USA, verhinderten bisher juristische Schritte gegen die
wichtigsten Menschenrechtsverletzer. Befürchtet wird, die Regierung könne
noch stärker destabilisiert werden, wenn Verbündete im Kampf gegen die
Taliban vor Gericht landen. Die sogenannten Dschihadi-Führer gehen sofort
gegen Kritik – die sie als Kritik am Islam generell werten – vor, auch wenn
sie nur von Außenseitern kommt. Das belegen frühere Fälle, darunter das
Verbot der Zeitung Aftab 2003 und der Hinauswurf der Abgeordneten Malalai
Dschoya aus dem Parlament 2007.
## Verbrennung von Politikerporträts
Anlass der jetzigen Verfolgung ist, dass SPA-Anhänger öffentlich Porträts
afghanischer Politiker verbrannt hatten. Auftritte von SPA-Vertretern vor
dem Beschwerdeausschuss des Senats, wo sie an den Kampf ihrer Partei
(damals maoistisch ausgerichtet) gegen die sowjetische Besatzung
erinnerten, konnte die Anklage nicht verhindern. Westliche Botschaften in
Kabul reagierten bisher nicht öffentlich, die UN-Mission zeigte sich noch
jüngst uninformiert.
Die 2004 gegründete SPA sticht im Spektrum der 47 zugelassenen Parteien
hervor. Sie kritisiert nicht nur die einheimischen Gewalttäter, sondern
verlangt auch als einzige neben den Taliban den bedingungslosen Sofortabzug
aller internationalen Truppen. Die werden als Okkupanten bezeichnet.
Zugleich erklärt sich die SPA solidarisch mit der Opposition im Iran. Neben
ihrer Bereitschaft, heikle Themen öffentlich zu artikulieren, machen auch
ihre meist jungen Anhänger sie zu einer Ausnahmeerscheinung in Afghanistan.
20 Jun 2012
## AUTOREN
Thomas Ruttig
## TAGS
Schwerpunkt Syrien
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