| # taz.de -- Bericht zum Methadon-Tod von Chantal: Eine lange Liste des Versagens | |
| > Ein Bericht liefert einen erschreckenden Einblick in das Versagen der | |
| > Behörden im Fall Chantal. Seit Jahren habe das Jugendamt von den | |
| > Umständen in der Familie gewusst – und zu wenig getan. | |
| Bild: Gedenken an Chantal. | |
| HAMBURG dpa | Im Januar starb das elfjährige Pflegekind Chantal in | |
| Hamburg-Wilhelmsburg an einer Überdosis Methadon. Fünf Monate lang | |
| untersuchte die Innenrevision der Finanzbehörde die Verantwortung des | |
| zuständigen Jugendamtes in diesem Fall. Das Ergebnis ist eine erschreckend | |
| lange Liste von Versäumnissen. | |
| Die Drogensucht der Pflegeeltern, der schlechte Zustand der Wohnung und | |
| viele Hinweise von Nachbarn auf die schwierigen Familienverhältnisse – das | |
| alles sei den Mitarbeitern bekanntgewesen, schreibt die Innenrevision in | |
| ihrem mehr als 70 Seiten langen Bericht. Er wurde [1][am Dienstagnachmittag | |
| im Internet] veröffentlicht. Große Teile wurden allerdings aus Gründen des | |
| Datenschutzes geschwärzt. | |
| Die Innenrevision der Finanzbehörde sollte die Vorgänge um den Tod des | |
| Mädchens aufklären, weil sie für die Bezirksämter zuständig ist. Für | |
| Chantal war das Bezirksamt Mitte verantwortlich. Das Mädchen war am 16. | |
| Januar in der Obhut seiner Pflegeeltern an einer Überdosis des | |
| Ersatzstoffes Methadon gestorben. Dieser Tod hatte bundesweit für Entsetzen | |
| und viel politischen Wirbel gesorgt. Die Jugendamtsleiterin Pia Wolters und | |
| der Chef des Bezirksamtes Mitte, Markus Schreiber (SPD), räumten ihren | |
| Platz. | |
| Chantal war 2008 in der Pflegefamilie untergebracht worden, weil ihr | |
| leiblicher Vater drogenabhängig war, die Mutter war Alkoholikerin. Doch | |
| auch in der neuen Familie gab es Suchtprobleme. Chantal hätte gar nicht | |
| erst in diese Pflegefamilie kommen dürfen und sei dort von den | |
| Sozialarbeitern auch schlecht betreut worden, lautete das Fazit der | |
| Innenrevision. | |
| Mindestens seit 2004 seien dem Allgemeinen Sozialen Dienst (ASD) des | |
| Jugendamtes die Lebensumstände der Pflegeeltern bekanntgewesen. Mit dem | |
| Bericht beschäftigte sich auch der zum Tod von Chantal eingesetzte | |
| Sonderausschuss der Bürgerschaft in einer vertraulichen Sitzung. | |
| ## Ermittlungen gegen Mitarbeiter des Jugendamtes | |
| Die Staatsanwaltschaft ermittelt bereits gegen fünf Mitarbeiter des | |
| Jugendamtes und eine Sozialarbeiterin des freien Trägers Verbund | |
| sozialtherapeutischer Einrichtungen (VSE). Die Beschuldigten stehen im | |
| Verdacht, ihre Fürsorge- und Erziehungspflicht verletzt zu haben. Zudem | |
| gibt es Ermittlungen gegen die Pflegeeltern. In der Garage der | |
| Pflegefamilie hatten die Ermittler 31 Methadon-Tabletten entdeckt, am | |
| Arbeitsplatz des Pflegevaters eine weitere. | |
| Mehrmals beklagt die Innenrevision, dass die Akten im Fall Chantal schlecht | |
| gepflegt wurden, wichtige Dokumente seien erst gar nicht verlangt worden. | |
| Es sei aufgrund der unvollständigen Akten auch nicht mehr genau | |
| nachzuvollziehen, wer im Amt was zu welcher Zeit wusste und entschied. | |
| Der Allgemeine Soziale Dienst des Jugendamtes hätte sich bei der | |
| Eignungsprüfung nicht auf die Berichte des freien Trägers VSE verlassen | |
| dürfen, sondern hätte sich wegen der bekannten, schwierigen | |
| Familienverhältnisse selbst einen Eindruck vor Ort verschaffen müssen. | |
| Hinweise aus der Schule oder der Nachbarschaft seien nicht beachtet worden. | |
| Man habe der Pflegemutter geglaubt, die die Beschuldigungen als „Mobbing“ | |
| bezeichnete. Doch die gut ausgebildeten Mitarbeiter hätten nach Meinung der | |
| Innenrevision ganz klar wissen müssen: Die Pflegeeltern waren überfordert, | |
| Chantal wurde vernachlässigt. | |
| 20 Jun 2012 | |
| ## LINKS | |
| [1] http://www.hamburg.de/home-fb/nofl/3459876/ir-bericht-chantal.html | |
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