# taz.de -- Antonin Panenka über die Tschechen: „Mit den Slowaken wären wir… | |
> Antonin Panenka, der tschechoslowakische Europameister von 1976, über | |
> Mut, Druck als Teil der Mentalität und Tomas Rosickys Rolle im EM-Team. | |
Bild: Tomas Rosicky (Mitte) ist für die Atmosphäre in der tschechischen Manns… | |
taz: Herr Panenka, wie konnte sich Tschechien nach der Klatsche zum Auftakt | |
gegen Russland doch noch als Gruppensieger für das Viertelfinale | |
qualifizieren? | |
Antonin Panenka: Unsere Mannschaft erzielt immer gute Resultate, wenn sie | |
unter Druck steht. Sobald uns das Aus droht, sind wir stark. Gegen Russland | |
fehlte noch diese Anspannung. | |
Wieso braucht es diesen Druck? | |
Das ist Teil unserer Mentalität. Die Tschechen sind locker, nehmen vieles | |
auf die leichte Schulter. Erst wenn es ernst wird, können wir uns | |
konzentrieren und kämpfen. | |
Gegen Portugal im Viertelfinale geht es um alles oder nichts. | |
Gewiss. Aber dann darf sich unser Trainer Michal Bilek auch keine solch | |
großen taktischen Fehler mehr leisten wie gegen Russland. Gegen deren | |
schnelle Stürmer hat er den behäbigen Roman Hubnik als Innenverteidiger | |
aufgeboten. Michael Kadlec, der auf dieser Position die gesamte | |
Qualifikation spielte, wäre eindeutig die bessere Variante gewesen. Dazu | |
kommt, dass Jaroslav Plasil als sehr guter offensiver Mittelfeldspieler auf | |
der defensiven Position nicht gut aufgehoben ist. | |
Bilek scheint aus seinen Fehlern gelernt zu haben. | |
Ja, auch aufgrund des öffentliches Drucks hat er reagiert. Gegen | |
Griechenland und Polen hat er Hubnik durch Kadlec ersetzt und vor allem | |
Tomas Hübschmann auf die Sechser-Position gestellt. Der war in beiden | |
Partien unser bester Spieler. Doch die Mannschaft spielt immer noch zu | |
defensiv. Wir agieren mit nur einem Stürmer, das ist zu wenig. | |
Milan Baros wirkte bislang etwas verloren. | |
Milans Problem ist das Spiel ohne Ball. Er hat einen Bewegungsradius von | |
vielleicht 20 Quadratmetern. Somit kann er von seinen Mitspielern kaum | |
angespielt werden. Er braucht dringend einen zweiten Stürmer, mit dem er | |
zusammenspielen kann, so wie früher mit Jan Koller. Allein kann er nichts | |
ausrichten. Als Tomas Pekhart gegen Griechenland für ihn eingewechselt | |
wurde, war das Resultat das gleiche. Denn auch Pekhart braucht einen | |
mitspielenden Stürmer. | |
Wie wichtig ist Tomas Rosicky für die Mannschaft? | |
Genauso wichtig, wie er für das Team auf dem Platz ist, ist er für die | |
Atmosphäre innerhalb der Mannschaft. Wenn er spielt, ist die Mannschaft | |
ruhiger. Ohne ihn verliert sie an Mut. Er steht eine Stufe über allen | |
anderen. | |
Auffällig ist, dass weniger Spieler in den großen europäischen Ligen aktiv | |
sind als Ende der 90er Jahre, als man in Tschechien von der Goldenen | |
Generation sprach. | |
Unsere Qualität ist nicht mehr so gut. Uns fehlt es an talentiertem | |
Nachwuchs. Für viele ist die EM ein Highlight. Sie sind schon damit | |
zufrieden, dass sie dabei sind. Aber es braucht Ziele. Die Spieler müssen | |
mehr wollen, als nur mal die Atmosphäre schnuppern. Es wird uns helfen, | |
dass nach der EM einige ins Ausland wechseln. | |
Wie muss das Team gegen Portugal agieren? | |
Portugal ist der Favorit. Sie spielen sehr kompakt und Ronaldo ist nun in | |
Form. Aber auch wir sind gut in das Turnier gekommen. Wenn wir konzentriert | |
nach vorne spielen, können wir ein Unentschieden holen. Im Elfmeterschießen | |
ist dann alles offen. | |
Dann brauchen die Spieler Ihre Nerven von 1976 gegen Sepp Maier. | |
Ja, richtig! | |
Wie sehen sie die heutige Mannschaft im Vergleich zur tschechoslowakischen | |
Europameisterelf? | |
Der Vergleich ist sehr schwierig, denn der Fußball ist heute viel | |
aggressiver, viel schneller, viel kampfbetonter. Unser Mannschaft 1976 war | |
spielerisch und technisch besser, aber nicht läuferisch. Heute fehlen die | |
kreativen Spieler. | |
Glaub man in Tschechien dennoch an einen Erfolg bei diesem Turnier? | |
Die Stimmung ist jedenfalls gut, denn das Viertelfinale ist für uns schon | |
ein großer Erfolg. Jetzt kann alles passieren. Ich würde jedenfalls gern | |
zum Finale nach Kiew fahren. | |
Wären die Chancen noch besser, wenn es noch eine tschechoslowakische | |
Mannschaft gäbe? | |
Es war immer ein bisschen schwierig in unserem gemeinsamen Nationalteam. | |
Die Differenz zwischen Slowaken und Tschechen war zu spüren. Die Ausnahme | |
war die EM 1976. Da hatten wir eine sensationelle Stimmung in der | |
Mannschaft. Es gab überhaupt keine Unterschiede, alle haben | |
zusammengehalten. Das war der perfekte Mix aus den entspannten, lustigen | |
Tschechen und den eher heißblütigen Slowaken. Ich könnte mir das auch heute | |
vorstellen. Die Slowaken haben ausgezeichnete Spieler, mit denen zusammen | |
das Team noch viel besser wäre. | |
21 Jun 2012 | |
## AUTOREN | |
Erik Peter | |
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