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# taz.de -- Onlinewetten in der Kritik: Nadelstiche gegen Deutschland
> Gegen eine Sportwetten-Kampagne aus Österreich hagelt es Beschwerden. Das
> gehört zum Kalkül. In Deutschland scheint die Werbung kaum zu jucken.
Bild: Vor allem in Österreich polarisiert der Werbespot.
WARSCHAU taz | Der österreichische Anbieter von Onlinewetten „bet-at-home“
sorgte zum Beginn der Euro 2012 wieder mal für etwas Aufregung mit einer
Werbekampagne.
Eine kleine Voodoopuppe mit Deutschlandtrikot wird von einem Couch-Potato
in Feinrippunterhemd, der am TV das Spiel Deutschland–Holland verfolgt, mit
Nadeln traktiert. Daraufhin krümmt sich einer der deutschen Spieler vor
Schmerzen und bricht beim entscheidenden Elfmeter zusammen. Couch-Potato
grinst sich eins, hatte wohl auf Holland gewettet.
Das 30-sekündige Werbefilmchen läuft noch bis zum Ende der EM in
Spartensendern wie Eurosport, sowie die darauf abgestimmte Online-und
Printkommunikation von „bet-at-home“. Es hagelte Beschwerden beim
österreichischen Werberat, was natürlich zum Kalkül so einer Kampagne
gehört.
„Werbung während einer Fußball-EM muss polarisieren, ansonsten geht sie in
der enormen Informationsflut unter“, sagt trocken Michael Gierke aus der
Marketingabteilung des Unternehmens. Der Werberat erteilte eine
windelweiche Rüge, in der er den Wettanbieter auffordert, in Zukunft mit
dem Thema Gewalt sensibler umzugehen. Konsequenzen: keine.
Interessant ist dabei die Beschränkung der Entrüstung auf Österreich.
Während sich dort sowohl deutsche Migranten zu Wort melden als auch
Einheimische, die von der abermaligen Zurschaustellung des alpenländischen
Minderwertigkeitskomplexes gegenüber den Piefkes genervt sind, scheinen die
medialen Nadelstiche die Deutschen in Deutschland kaum zu jucken.
Die einzige Beschwerde, die beim deutschen Werberat einging, konterte
dessen Sprecher Volker Nickel cool mit dem Hinweis, die Bürger könnten
schon sehr gut einschätzen, dass das als Gag gemeint sei.
## Eine nichtrepräsentative Umfrage
Der faule Zauber beschränkt sich allerdings nicht nur auf Österreich und
Holland. Auch im EM-Gastgeberland Polen werden die Haushalte flächendeckend
mit entsprechenden Postwurfsendungen von „bet-at-home“ versorgt.
Eine nichtrepräsentative Umfrage der taz unter polnischen, portugiesischen,
englischen und ukrainischen Fußballfans in Warschau zum Thema „Finden Sie
diese Werbung lustig?“ ergab ein überwältigendes Ergebnis: 100 Prozent
aller männlichen Fans schmissen sich weg vor Lachen.
Weibliche Fans hingegen lehnten über alle Ländergrenzen hinweg die Werbung
einhellig ab. Dabei hielten sich die Kommentare „geschmacklos“ und „einfa…
nicht lustig“ die Waage.
Der Fußball mag weiblicher werden, Fußball als Krieg bleibt offensichtlich
männlich. Bei eBay erzielen die von „bet-at-home“ auch als „give-aways“
verschenkten Minipüppchen mit vier Nadeln als Zubehör in Originalverpackung
immerhin schon einen Preis von um die 20 Euro.
Die Wiener Werbeagentur „gantnerundenzi“ erntet für ihre Arbeit aus der
Branche großes Lob. Sie inszenierte für den Wettanbieter auch schon die
aufsehenerregenden Kampagnen „Deutsch-österreichischer Zungenkuss“ zur EM
2008 sowie „Kopfarbeit“ zur WM 2010, bei der alltägliche soziale Konflikte
mit einem Kopfstoß gegen den Brustkorb à la Zidane gelöst werden.
27 Jun 2012
## AUTOREN
Uli Räther
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Tribüne
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