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# taz.de -- Öffentlicher Personennahverkehr: "Starre Strukturen aufbrechen"
> Wer gegen die Tram ist, arbeitet gegen die Elektromobilität, sagt
> Wilfried Eisenberg. In der taz erklärt der Vorstand der Straßenbahn-AG
> wie er Bremen verändern will.
Bild: Und was nicht passt wird passend gemacht - für die Straßenbahn.
taz: Herr Eisenberg, was ist Ihr größtes Sorgenkind derzeit? Die
Verlängerung der Straßenbahn in Huchting?
Wilfried Eisenberg: Nein, überhaupt nicht. Mein größtes Sorgenkind ist die
Entscheidung des Bundes, wie er weiterhin den Ausbau des ÖPNV finanzieren
will. Was jetzt bis 2019 gesichert ist, ist danach fraglich. Bis dahin
müssen wir gebaut haben, Bremen allein könnte so ein Projekt nicht
finanzieren.
Wie viel erwarten Sie für das Huchtinger Schienen-Programm?
Ca. 40 Millionen Euro, das sind rund 60 Prozent der Mittel vom Bund. Für
die Stadt ist dieses Projekt sehr wichtig, und ich glaube nicht, dass man
darauf verzichten sollte, weil es 200 betroffene Anwohner gibt, die dagegen
sind.
Ist die Streckenführung durch die Kirchhuchtinger Landstraße nicht
sinnvoller?
Die würde vom Bund nicht finanziert, weil die Kosten höher sind und der
Nutzen im Vergleich dazu geringer wäre. Unser Plan bindet nicht nur zwei
Schulen, sondern auch große Siedlungsgebiete an. Der Nutzen liegt zudem
nicht nur in Huchting. Auf der anderen Seite der Stadt haben wir gerade mit
der Linie 1, einem ähnlichen Projekt, großen Erfolg.
Der bisherige Bus tut es nicht?
Der Bus macht uns zunehmend Probleme. Früher gab es einen Vorteil in der
Flexibilität, aber mit den umweltpolitischen Gesichtspunkten, insbesondere
den Diesel-Schadstoffklassen, beginnen die Nachteile zu überwiegen.
Straßenbahn ist Elektromobilität pur.
Sie wollen daher Elektrobusse einführen?
Wir wollen batteriebetriebene Busse mit Unterstützung durch die
Oberleitungen der Straßenbahnen einführen. Auf den meisten Busstrecken
haben Sie die Oberleitungen, nur für die Strecken abseits dieser Trassen
müssen Sie Batterieleistung mitschleppen. Wir wollen im kommenden Jahr
einen Prototyp in Bremen fahren lassen. Die Zeit der Verbrennungsmotoren
geht ihrem Ende entgegen, und das ist auch vernünftig. Das bedeutet: Wer
gegen eine Straßenbahn ist, arbeitet gegen Elektromobilität.
Wie wollen Sie Menschen davon überzeugen, auf ihr Auto zu verzichten?
Wir hatten Anfang der 1990er Jahre 90 Millionen Fahrgäste, derzeit haben
wir 103 Millionen. Natürlich liegt das auch stark an dem Streckenausbau. Um
mehr Menschen zu erreichen, müssen die Verkehrsunternehmen zu
Mobilitätsanbietern werden – und nicht nur auf die großen, schweren Geräte
wie Bus und Straßenbahn setzen. Junge Menschen heute fahren mit dem iPhone:
Die suchen sich auf dem Handy ihre Verbindungen und sind nirgendwo
gebunden. Fahrradverleih, Mitfahrzentrale, Car-Sharing, Bahn, alles. Wir
brauchen eine starke Vernetzung, mit Car-Sharing-Anbietern wie Cambio, mit
Leih-Fahrrädern, vielleicht sogar auch eigenen, die an den Haltestellen
stehen könnten. Die Busstrecken, in denen vielleicht nur zwei oder drei
sitzen, könnte man sparen und viel flexiblere Angebote machen. Da müssen
wir untersuchen, in welcher Größenordnung es für uns Sinn macht.
Hannover ist da ein wenig voraus?
Hannover hat die Mobilitätskarte eingeführt und Car-Sharing einbezogen. Es
gab vor ein paar Jahren einen richtigen Aktionismus in der Richtung. Die
Frage ist, wie kommen sie auf große Zahlen, wie wir sie mit der BOB-Card
erreichen. Wir haben 70.000 Karten ausgegeben, das ist eine wunderbare Zahl
und eine gute Basis für weitere Schritte.
Wenn ich abends im Dunkeln von der Haltestelle nach Hause will, hilft mir
das Car-Sharing wenig. Wann werde ich mit meiner BOB-Card an der
Haltestelle ein Elektro-Rad ausleihen können?
Die grundsätzliche Frage für uns ist: Bleiben wir jemand, der
mitorganisiert und das mit Partnern macht, oder sollen wir Mitinhaber
werden von Autos und Fahrrädern, weil wir damit die Freiheit hätten, die
Bedingungen den Bedürfnissen unserer Kunden stärker anzupassen. Wir haben
meist starre Strukturen im Kopf, feste Halteplätze, einen Takt, feste
Zeiten, das müssen wir aufbrechen. In Paris sind die kommunalen Fahrräder
frei abstellbar, über GPS geortet, und man muss sie nicht möglichst schnell
wieder zurückbringen an eine bestimmte Stelle, wie bei den derzeitigen bei
uns verbreiteten Systemen. Wir laden am 29. August zu einer „Wissensbörse
Elektromobilität“ ein, alle, die sich mit diesem Thema befassen. Jeder von
ihnen hat eine Vision – und die muss man vernetzen. Die Zeit dafür ist
reif.
3 Jul 2012
## AUTOREN
Klaus Wolschner
## TAGS
Mitfahrzentrale
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