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# taz.de -- Proteste in Peru: Erbitterter Kampf um eine Goldmine
> Vier Tote, Dutzende Verletzte und Festnahmen: Die peruanische Regierung
> setzt auf Repression im Kampf um den Bau einer umweltschädlichen Mine.
Bild: Mit erheblichen Risiken verbunden: Die Proteste in Lima gegen das Conga-P…
PORTO ALEGRE taz | Marco Arana ist noch einmal mit dem Schrecken
davongekommen. Am Mittwochmittag saß Perus prominentester Bergbaukritiker
auf einer Parkbank mitten in der Regionalhauptstadt Cajamarca, ein
Pappschild mit dem Motto „Leben ja, Gold nein“ um den Hals.
Plötzlich wurde der 49-jährige Expriester von einer Gruppe Polizisten in
Kampfmontur äußerst unsanft in die Mitte genommen und abgeführt. Etwa eine
Stunde später schrieb er eilig auf Twitter: „Sie haben mich verhaftet, sie
haben mich viel geschlagen, auf der Polizeiwache haben sie mich noch einmal
geschlagen, Faustschläge ins Gesicht, in die Nieren, Beschimpfungen.“
Arana wurde schon am Donnerstagmorgen auf freien Fuß gesetzt. Dies dürfte
er der Öffentlichkeit zu verdanken haben. Die Szene seiner Festnahme
landete über einen lokalen Fernsehsender flugs im Internet, kurz darauf
wurde bereits für seine Freilassung mobilisiert.
## Es gab einen Vorfall
Noch am Mittwochabend hatte die Regierung den Vorfall heruntergespielt. „Es
gab einen Vorfall, der zur Verhaftung dieses Herrn führte“, sagte
Justizminister Juan Jiménez Mayor unter Hinweis auf den tags zuvor
ausgerufenen Ausnahmezustand. Generalstaatsanwalt José Peláez Bardales
machte die Polizei für die Festnahme verantwortlich, Aranas „physische
Integrität werde allerdings von den örtlichen Staatsanwälten“
gewährleistet.
Die Polizei werfe Arana „öffentlichen Aufruhr“ vor, erklärte seine Anwäl…
Mirtha Vásquez und verwies auf sein Nierenleiden. Angeblich, so die
Polizisten, habe Arana einen Haufen von 200 Demonstranten angeführt und
sich gegen die Festnahme gewehrt. Unklar blieb, wer die Festnahme befohlen
hatte. Schließlich ordnete eine Staatsanwältin aus der Großstadt Chiclayo
seine Freilassung an.
Die Episode wirft ein Schlaglicht auf den heftig tobenden Konflikt um das
Bergbauprojekt Conga, der bereits Ende 2011 zu Präsident Ollanta Humalas
erster Kabinettsumbildung geführt hatte. Damals schieden alle
linksliberalen MinisterInnen aus. Der frühere Linke Humala positionierte
sich als investorenfreundlicher Präsident und wurde als solcher vor drei
Wochen von Angela Merkel empfangen. Auch gegen das Freihandelsabkommen mit
der EU hat er nun nichts mehr einzuwenden.
Diese Woche spitzte sich der Konflikt um das Megaprojekt Conga erneut zu:
Am Dienstag und Mittwoch erschossen Polizisten vier Demonstranten, rund 50
wurden verletzt. Erneut verhängte die Regierung für 30 Tage den
Ausnahmezustand über drei Provinzen der Region Cajamarca, ein Dialog mit
den Kritikern scheint ferner denn je.
## Metertiefe Krater
Nach einer halbjährigen Pause und einer neuen Umweltstudie hatte die
Regierung im Juni grünes Licht für die Wiederaufnahme der Bauarbeiten
gegeben. In einem Konsortium mit der Weltbank-Tochter IFC und Buenaventura
aus Peru will der US-Multi Newmont Mining für 4,8 Milliarden Dollar bis
2017 die größte Gold- und Kupfermine Perus anlegen und verspricht für
diesen Zeitraum bis zu 7.000 direkte Arbeitsplätze.
In der Nähe betreibt Newmont bereits die Goldmine Yanacocha, die größte in
Lateinamerika. Den Protest gegen Conga führt nun der linke
Regionalpräsident Gregorio Santos an.
Wo früher grüne Hügel waren, prägen heute metertiefe Krater die Landschaft.
Mit hochgiftigem Zyanid lässt Newmont den Goldstaub aus den Steinen
waschen. Flüsse und Grundwasser werden mit Quecksilber und Arsen verseucht,
Kleinbauern verlieren ihre Lebensgrundlage. „Der Reichtum geht, die
Zerstörung bleibt“, sagt Arana.
Der vielfach ausgezeichnete Aktivist ist ein rotes Tuch für
Bergbaubetreiber, zuletzt war er im September 2011 handgreiflich attackiert
worden. „Ohne einen erneuten Baustopp für Conga gibt es keine Lösung“,
sagte er vor seiner Festnahme. „Die Gewalt kann den Dialog nicht ersetzen“,
meinte Expräsident Alejandro Toledo und schlug die Kirche als
Vermittlungsinstanz vor.
5 Jul 2012
## AUTOREN
Gerhard Dilger
## TAGS
Peru
Peru
Vergiftung
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