# taz.de -- Ärger um Lehrerstellen: Unterricht auf Sparflamme | |
> Zwei Wochen vor den Sommerferien sagt die Bildungssenatorin: "Der | |
> Unterricht ist gesichert" - aber nur mit Zwangsversetzungen. Personalrat | |
> spricht von "Chaos". | |
Bild: Stundenplanung in Bremen: Mal sehen, wer nächste Woche unterrichten kann? | |
BREMEN taz | Es erinnert an letztes Jahr im Sommer: Wieder stehen die | |
Ferien vor der Tür, wieder gibt es Ärger um die Lehrerstellen und die | |
Unterrichtsversorgung im beginnenden Schuljahr. Auf einer kurzfristig | |
einberufenen Pressekonferenz am Montag, zwei Tage vor einer Sondersitzung | |
der Bildungsdeputation, versucht Bildungssenatorin Renate Jürgens-Pieper | |
(SPD) zu beruhigen: „Der Grundbedarf ist gesichert.“ Dabei weiß jeder: Der | |
Ausruf „Bitte keine Panik!“ bewirkt sein Gegenteil. | |
So auch hier: 110 Lehrerstellen waren Jürgens-Pieper nach Verhandlungen im | |
Koalitionsausschuss zugesichert worden. Ein Minimum, auf das sie sich in | |
Absprache mit den Schulen im Vorfeld geeinigt habe, so die Senatorin. | |
Dennoch fehlen bei den allgemeinbildenden Schule weitere 42 Stellen. Dort | |
werden nur 75 der angemeldeten 117 Stellen besetzt, die berufsbildenden | |
Schulen bekommen 35 statt 50 angemeldeter Stellen. | |
„Die Lücke soll durch Versetzungen ausgeglichen werden“, so Jürgens-Piepe… | |
Und das heißt in diesem Fall auch: Es wird zu „Abordnungen“ kommen – also | |
zu Zwangsversetzungen von den Schulen, wo die Personallage noch nicht unter | |
dem „Grundbedarf“ liegt. Mindestens 10 Stellen sollen auch im | |
Landesinstitut für Schule sowie der Bildungsbehörde selbst für den | |
regulären Unterricht abgeordnet werden. | |
Damit aber ist die Streichliste noch nicht zu Ende. Denn die 110 | |
Lehrerstellen seien quasi „kreditfinanziert“, wie Jürgens-Pieper es | |
ausdrückt: 80 Referendariatsplätze werden zu Gunsten von 30 Lehrerstellen | |
gestrichen, ein Weiterbildungs-Lehrgang für Sozialpädagogen, der diese für | |
die fortschreitende Inklusion weiterbilden sollte, wird um ein Jahr | |
verschoben. Und: 2013 wird es keine weiteren offenen Ganztagsschulen geben. | |
„Der Bildungshaushalt ist angespannt“, sagt Bildungssenatorin | |
Jürgens-Pieper und daher auch die Verspätung – wegen den Verhandlungen mit | |
Finanzsenatorin Karoline Linnert (Grüne). | |
Dass dennoch die Grundversorgung der Schulen gesichert sei, sieht Petra | |
Perplies, Vorsitzende der Schulleitungsvereinigung, skeptisch. Und sie | |
widerspricht der Senatorin. „Mit der Schulleitung wurde nie über Stellen | |
verhandelt“, so Perplies, also das Minimum, das nun erfüllt sein soll. | |
Vielmehr seien den Schulleitern bereits telefonisch Zuweisungen übermittelt | |
worden, die Stellen sollen dafür jetzt aber nicht mehr reichen. In | |
Bremen-Nord würden nun 305 Stunden in sechs Schulen fehlen. „Die Lehrpläne | |
waren schon fertig.“ Auch mit Versetzungen und Abordnungen so kurzfristig | |
vor den Sommerferien umzugehen, hält Perplies für unrealistisch. „Mit den | |
Kollegen zu reden und sie zu überzeugen, das ist im März oder April kein | |
Problem. Ich wage es aber zu bezweifeln, dass das bis zum nächsten | |
Schuljahr zu schaffen ist.“ | |
Dass die Versorgung gesichert sei, dem kann auch Harry Eisenach, | |
Stadtverbandssprecher der GEW, nicht zustimmen. Auch er sieht das Problem | |
in der Kürze der Zeit – und vor allem in den Einsparungen bei den | |
Nachwuchskräften. „In Bremen sind über 42 Prozent der Lehrerinnen und | |
Lehrer über 55 Jahre alt. Da müssen wir schauen, wie wir Referendare | |
halten.“ Viele aber würden sich in Niedersachsen ein Stelle holen oder ganz | |
umorientieren. | |
Von dem „perfekten Chaos“ schreibt gar der Personalrat Schulen. Für | |
Mittwoch lädt er zu einer außerordentlichen Personalversammlung ein, weil | |
die Unterrichtsversorgung eben nicht gewährleistet sei. Anschließend geht | |
es um 12.45 Uhr mit dem Zentral-Eltern-Beirat zu einer Protestkundgebung | |
vor der Sitzung der Bildungsdeputation. | |
9 Jul 2012 | |
## AUTOREN | |
Jean-Philipp Baeck | |
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