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# taz.de -- Demo gegen Homophobie in Russland: „Uns macht ihr nicht mundtot“
> Am Donnerstag wurde vor der russischen Botschaft demonstriert: gegen das
> in Russland beschlossene Gesetz zur sogenannten „Schwulen-Propaganda“.
Bild: Hat Mütterchen Russland alle Kinder lieb?
Berlin taz | Als sich die Teilnehmer der Demo vor der Komischen Oper
versammeln, haben sie an dem sonst verregneten Tag das Wetter auf ihrer
Seite. In Sträflingsanzügen, Handschellen und einem meterlangen Banner auf
dem „Keine Kriminalisierung von Homosexualität“ (deutsch und russisch) zu
lesen ist, marschieren sie von der Polizei eskortiert vor die russische
Botschaft.
Mit dieser Aktion möchte das Bündnis aus Parteien, Organisationen und
Vereinen ihre Solidarität mit Aktivisten, die in Russland und der Ukraine
für die Rechte von Schwulen und Lesben kämpfen, bekunden und gegen das
Gesetz, das schwule Propaganda verbietet, protestieren. „Mir ist das zu
viel Partei-Lobby hier. Wo sind die anderen Organisationen? Die Parteien
haben doch Längst Ihre Ideale verraten, das macht mich wütend. Ich bin nur
wegen der guten Sache hier“, so ein Teilnehmer.
Das Gesetz gegen „Schwulenpropaganda“, bekannt als § 7.1, ist seit Anfang
des Jahres in einigen russischen Regionen in Kraft, darunter seit März auch
in der Stadt St. Petersburg. Homosexualität wird dort als „Sodomie“ und
„Päderastie“ bezeichnet. Was konkret „Propaganda“ ist, wird in dem Ges…
nicht genau formuliert.
Die Aufklärung über homosexuelles Verhalten wird damit aber zu einer
Straftat. Bücher, die sich diesem Thema widmen, werden zensiert und erst ab
18 Jahren freigegeben. „Ich habe bei meinem letzten Besuch in St.
Petersburg Aufklärungsbücher gesehen, die mit Stempeln „ab 18 Jahren“
versehen waren“, berichtet Faina Gattarov von Quarteera e.V..
Fast hörte es sich an wie ein Freudenschrei, was letzte Woche berichtetet
wurde: Zum ersten Mal in der Geschichte der Stadt sollte in St. Petersburg
eine „Gay-Pride“ stattfinden. Sie wurde in erster Instanz genehmigt, am
nächsten Tag aber von einer anderen verboten. Als offizielle Begründung
hieß es, die Veranstalter hätten in Wirklichkeit eine „Gay-Parade“ geplan…
die homesexuelles Verhalten propagiere, und nicht wie vereinbart eine
Kundgebung. Der Veranstalter des „Gay-Prides“, Yuri Gavrikov, betrachtet
diese augenscheinliche Begründung als nur vorgeschoben, denn sie haben bei
dem Antrag für die Kundgebung ihre Motivation ausführlichst dargelegt, die
in dieser Form genehmigt wurde.
Eine kleine Gruppe von Menschen wollte sich nicht einschüchtern lassen,
berief sich auf das erste Urteil und entschloss sich trotz des Verbots
entlang der vereinbarten Strecke zu demonstrieren. Dabei wurden zunächst
Yuri Gavrikov und sein Kollege festgenommen, später vier weitere Personen
und alle wurden zu Geldstrafen von umgerechnet 600 € verurteilt. Dies ist
ungewöhnlich, da eine gegenteilige Entscheidung der zweiten Instanz nicht
per se zu einem generellen Verbot im voraus führt. In der Praxis wird die
bereits stattfindende Demo erst im Verlauf von der Polizei aufgelöst.
„Daher wehren wir uns gegen die verhängten Strafen und hoffen auf eine
positive Entscheidung des Gerichts“, so Yuri Gavrikov.
Die Stadt Moskau hat kürzlich die Frage des Gay-Prides schon für längere
Zeit geklärt und auf einen Antrag hin, der für die nächsten 100 Jahre
gestellt wurde, ein Verbot bis Mai 2112 erteilt.
In Berlin spannten neun „Häftlinge“, durch die mehrspurige Straße von der
russischen Botschaft abgetrennt, ihr meterlanges Banner auf. Trotz der
provokanten Kostüme und der guten Absicht fiel der Protest, der mit dem
Slogan „You will never shut us up“ warb, etwas leise aus. Der Verstärker
versagte ebenso wie das kleine, in Richtung der Versammelten gerichtete,
Megafon. Die Worte von Anne Bohnet von „AG Schwusos Berlin-Mitte“ (SPD)
konnte man dennoch hören: „Wir rufen die deutsche Bundesregierung und alle
demokratischen Politiker Europas auf, sich entschieden gegen diese
Gesetzgebung zu wenden und die LGBTs in St. Petersburg und ganz Russland
nicht allein zu lassen. Gesetze, die der Diskriminierung einer ganzen
Gruppe von Menschen dienen, gehören nicht nach Europa und nicht ins 21.
Jahrhundert!“
13 Jul 2012
## AUTOREN
Modest Adam
## TAGS
Duma
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