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# taz.de -- Festliche Unterzeichnung: "Tiefsitzende Vorurteile"
> In ganz Europa erstarkt der Antitsiganismus. Umso wichtiger, dass Bremen
> eine Rahmenvereinbarung mit den Sinti und Roma schließt, sagt Romani
> Rose.
Bild: Romani Rose ist seit 30 Jahren Vorsitzender des Zentralrats Deutscher Sin…
taz: Herr Rose, wie wichtig ist Ihnen die Rahmenvereinbarung, die Sie heute
im Rathaus unterzeichnen?
Romani Rose: Sie ist für uns ein sehr wichtiges Symbol – vor allem, weil
sich Bremen in der Präambel zur Verantwortung für den Holocaust bekennt.
Außerdem ist Bremen erst das dritte der 16 Bundesländer, das mit uns eine
solche Vereinbarung schließt.
Wer noch?
Das erste Land war Rheinland-Pfalz, mit Kurt Beck, das zweite war Bayern,
noch unter Edmund Stoiber, was viele überrascht.
Der ist ja seit 2007 nicht mehr Ministerpräsident – das ist also schon eine
ganze Weile her: Warum hat es in Bremen so lange gedauert mit der
Vereinbarung?
Es hat in Bremen nicht lange gedauert: Der einzige Wermutstropfen sind hier
die Zuwendungen für unseren Landesverband.
Die sind 2007 um 16.000 Euro gekürzt worden…
Ja, und seither hat man sie nicht wieder aufs Ausgangsniveau angehoben.
Aber Bremen muss ja auch sparen!
Dafür habe ich Verständnis. Allerdings: Wenn ein Verband für eine
Minderheit einstehen soll, muss man ihm ja auch die Mittel dafür
zugestehen. Aber insgesamt verliefen die Verhandlungen sehr zügig: Wir
haben damit vor einem Jahr begonnen…
… und sind zufrieden?
Unsere bisherigen Erfahrungen sind bestätigt worden: Jens Böhrnsen steht in
einer guten Tradition der Bremer Bürgermeister. Seit Hans Koschnick haben
die uns immer mit Respekt behandelt. So hat Klaus Wedemeier dafür gesorgt,
dass der Bundesrat jedes Jahr am 16. Dezember Heinrich Himmlers
Auschwitz-Erlasses gedenkt…
… der Erlass, der die Sinti und Roma zur Deportation ins Vernichtungslager
bestimmt hat…
Für uns ist es sehr wichtig, an diesem Tag mit sämtlichen
Ministerpräsidenten sprechen zu können.
Warum haben diese symbolischen Akte so viel Bedeutung für Sie?
Wir sind als Minderheit nach wie vor mit extrem tief-sitzenden Vorurteilen
konfrontiert. In Schleswig-Holstein etwa, wo die friesische und die
dänische Minderheit durch die Landesverfassung besonderen Schutz genießen,
hat die Regierung von Harry Peter Carstensen abgelehnt, uns anzuerkennen –
weil wir nicht landestypisch wären: Dabei werden dort Sinti um 1400
erstmals urkundlich als Siedler erwähnt und sind seither ununterbrochen
heimisch. Und die sollen da nicht landestypisch sein? Ist dort nur
landestypisch, wer blond ist und blauäugig? Da kann man ja nur lachen.
Diese alten Vorurteile erstarken in ganz Europa, und vor allem im Südosten.
Das ist wahr: Seit 2005 sind in Tschechien 19, in Ungarn 11 Roma von
Rassisten ermordet worden. In der Slowakei hat ein Polizist im vergangenen
Jahr ein Blutbad unter Roma angerichtet. Überall gibt es Rechtsextreme und
rechtspopulistische Parteien von Berlusconi in Italien über Jobbik in
Ungarn und Le Pen in Frankreich – wo der ehemalige Präsident Nicolas
Sarkozy europäisches und nationales Recht gebrochen hat – indem er Roma
nach Rumänien abgeschoben hat.
So weit geht der Antitsiganismus in Deutschland nicht.
Zum Glück, ja. Aber während Deutschland seiner historischen Verantwortung
gegenüber Israel gerecht wird, nimmt es derartige Ausschreitungen seiner
Partner in der EU hin – ohne eine Äußerung, ohne auch nur ein Wort des
Protests. Das trifft uns sehr.
16 Jul 2012
## AUTOREN
Benno Schirrmeister
## TAGS
Schwerpunkt Rechter Terror
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