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# taz.de -- Kommentar Polizeiskandal in Genua: Lustloses Schweigen
> Für eine politische Aufarbeitung der Ereignisse um den G-8-Gipfel von
> Genua 2001 wäre es in Italien noch nicht zu spät. Doch nicht einmal die
> Linke hat daran Interesse.
Bild: Von wem geht die Bedrohung aus? Demonstrierende und Polizist beim G8-Gipf…
Da erklärt ein hochrangiger italienischer Polizist, beim Sturm auf die
Scuola Diaz hätten „dämonische“ Staatsdiener systematisch unschuldige
Gegner des G-8-Gipfels zusammengeschlagen und verhaftet.
Vincenzo Canterini hätte den Mut, den er mit seiner schonungslosen
Erzählung der Vorgänge jener blutigen Nacht aufbringt, schon früher zeigen
können: bei jenem Prozess, bei dem er ebenso hartnäckig schwieg wie die
meisten angeklagten und am Ende verurteilten Polizeichefs. Für die
juristische Aufarbeitung kommen seine Einlassungen zu spät. Keineswegs zu
spät wäre es jedoch für die politische Aufarbeitung.
Doch es scheint, als interessiere das in Italien niemanden wirklich – keine
der großen Zeitungen, kein einziger bekannter Politiker reagierte bisher
auf Canterinis Anklagen. Und diese Lustlosigkeit ist nicht bloß Privileg
der italienischen Rechten, die unter Silvio Berlusconi im Jahr 2001
regierte. Auch als die Linke unter Romano Prodi im Jahr 2006 die Wahlen
gewann, fand sich keine parlamentarische Mehrheit für die Einsetzung eines
Untersuchungsausschusses.
Gerade Italiens Polizeiführung nämlich konnte immer auf allzu großes
Verständnis bei der gemäßigten Linken zählen: So gut wie alle seinerzeit in
Genua agierenden Spitzenbeamten waren unter den Linksregierungen der
Neunzigerjahre in die Schlüsselpositionen gelangt. Die Frage, wie es zu
diesem einer Diktatur würdigen Einsatz kommen konnte, trat – und tritt
weiterhin – zurück gegenüber der Frage, wem die eventuelle Aufklärung
schaden könnte. Im Hintergrund stand die Hoffnung, dass der Prozess bald
vergessen, dass dann Gras über die Sache wachsen werde.
Und trotz der Urteile gegen 16 Spitzenpolizisten vor vier Wochen scheint
sich zumindest der zweite Teil dieser Hoffnung zu erfüllen. Zwar brach
Canterini sein Schweigen – doch das Land behandelt weiterhin den von vorn
bis hinten völlig rechtswidrigen Sturm auf die Scuola Diaz als
vernachlässigenswerte Petitesse.
3 Aug 2012
## AUTOREN
Michael Braun
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