# taz.de -- Kommentar Syrien: Assad wird immer grausamer | |
> Syriens Ministerpräsident Riad Hijab hat sich nach Jordanien abgesetzt | |
> und angeblich dem syrischen Widerstand angeschlossen. Das heißt aber noch | |
> nicht viel. | |
Bild: Die Fotos des 1945 geborenen al-Roumi sind Teil seiner schon vierzig Jahr… | |
Ein Deserteur macht noch keinen Umsturz. Selbst wenn er aus dem engsten | |
Kreis um den syrischen Machthaber kommt: Riad Hijab, vor zwei Monaten erst | |
ins Amt des Ministerpräsidenten berufen, hat sich mitsamt seiner Familie | |
nach Jordanien abgesetzt und angeblich dem syrischen Widerstand | |
angeschlossen. Er ist der Erste aus der politischen Führungsriege, der | |
Baschar al-Assad den Rücken kehrt – abgesehen von den bisherigen | |
Botschaftern im Irak, in Zypern und den Emiraten. | |
Rund dreißig syrische Generäle sind bisher zur Opposition übergelaufen und | |
agieren heute von der Türkei aus. Prominentester unter ihnen der Sohn des | |
ehemaligen Verteidigungsministers, Brigadegeneral Manaf Tlass – bis vor | |
Kurzem ein persönlicher Freund Assads. Maßgeblichen Einfluss auf den Lauf | |
der Dinge im Land haben diese „Abgänge“ kaum gehabt. Aber sie | |
konterkarierten die Behauptung des Präsidenten, die Mehrheit des Volkes | |
stehe weiterhin hinter ihm. Wie soll das wahr sein, wenn ihm schon die | |
engsten Weggefährten untreu werden? | |
Es ist einsam geworden um Baschar al-Assad, aber ihn ficht das nicht an. | |
Vielleicht, weil ihm längst klar ist, dass der Bürgerkrieg in seinem Land | |
keine Alternative zulässt: Wenn er nicht als Unperson in der Versenkung | |
irgendeines obskuren Exils verschwinden will wie Tunesiens Exdiktator Ben | |
Ali, muss Assad auf Gedeih und Verderb den Konflikt durchstehen. | |
Selbst wenn ihn dabei das Los Muammar al-Gaddafis ereilen sollte oder – | |
sicher viel zu optimistisch – das des ägyptischen Expräsidenten Husni | |
Mubarak. Selbst wenn das Land dadurch in noch größerem Blutvergießen | |
versinkt und ethnische wie religiöse Gruppen beginnen, aufeinander | |
loszugehen, die in Syrien die meiste Zeit besser haben miteinander | |
auskommen können als in den meisten anderen Teilen der arabischen Welt. | |
Änderung wird nicht ein desertierter Politiker oder Botschafter bringen, | |
auch kein General. Ihr Frontenwechsel ist aber ein Symptom für den kaum | |
noch aufhaltbaren Niedergang der syrischen Minderheitendiktatur. 41 Jahre | |
Assad-Herrschaft, begründet von Vater Hafis, beendet mit Sohn Baschar. Noch | |
ist es nicht so weit. Der Kampf weitet sich aus und produziert tagtäglich | |
neue Fronten, und die Welt ist unfähig, mäßigend einzuwirken. Und | |
bedrückend ist: Es kann immer noch schlimmer kommen. | |
6 Aug 2012 | |
## AUTOREN | |
Peter Philipp | |
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