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# taz.de -- SPD will Fragerecht im Bundestag verändern: Das langweiligste Parl…
> Alle sechs Wochen soll sich die Kanzlerin den Fragen des Bundestags
> stellen, das will die SPD erreichen. Die Union findet, die jetzigen
> Fragerechte reichen aus.
Bild: Soll sich öfter Fragen stellen: Angela Merkel.
BERLIN taz | Zum Beispiel der Tagesordnungspunkt 21. Am 28. Juni beschloss
der Bundestag in nicht mal einer Minute einen Gesetzentwurf zur
„Fortentwicklung des Meldewesens“. Der Datenschutz wurde damit per Gesetz
zugunsten der Werbewirtschaft unterlaufen. Etwa zwei Dutzend Abgeordnete
saßen um 20.51 Uhr noch im Plenum, alle Wortbeiträge wurden zu Protokoll
genommen.
Die Sitzung war öffentlich, sie wurde vom Fernsehen live übertragen.
Trotzdem wurde erst Tage später klar, dass an diesem Donnerstagabend nicht
nur der Datenschutz beschnitten worden war, sondern dass zudem ein
eklatantes Desinteresse der Abgeordneten, der Medien und der Bürger an der
Arbeit des Parlaments vorgelegen hatte.
Derlei soll nicht wieder vorkommen, meint die SPD im Bundestag.
Fraktionsgeschäftsführer Thomas Oppermann möchte erreichen, dass künftig im
Plenum regelmäßig der Regierungschef Rede und Antwort stehen muss. „Wir
werden gleich nach den nächsten Bundestagswahlen eine neue Initiative
ergreifen, den Bundestag attraktiver zu machen“, sagte Oppermann der
Rheinischen Post.
Vor allem soll das Fragerecht reformiert werden. Ähnlich wie in
Großbritannien sollen künftig die Parlamentarier die Minister direkt
befragen können. Und alle sechs Wochen, meint Oppermann, „sollte sich auch
der Regierungschef den Abgeordneten stellen“. Ein vergleichbares Projekt
sei bereits zu Beginn der laufenden Wahlperiode geplant gewesen, es wurde
aber nicht umgesetzt. Laut Thomas Oppermann habe die schwarz-gelbe
Koalition die Kanzlerin „vor Fragen schützen“ wollen. Der Bundestag sei
langweiliger als andere Parlamente in Europa.
Aus Unionskreisen ist auf Oppermanns Vorstoß leises Grummeln zu vernehmen.
Dort möchte man weniger über spektakuläre Vorschläge à la SPD diskutieren,
sondern das Interesse am Parlamentarismus insgesamt stärken. Es gebe
bereits die Regierungsbefragung, die große und die kleine Anfrage – sie
müssten nur besser genutzt werden, heißt es. Im Übrigen, gibt die Union zu
bedenken, wäre das Auslagern in andere Gremien nicht unproblematisch. Dafür
müsste die Verfassung geändert werden.
Spannend würde die Frage, wer künftig nach welchen Kriterien bewerten soll,
welche Themen in welche Runden gehören. Ein Beispiel? Nach dem
Tagesordnungspunkt 21 wurde an jenem 28. Juni auch Top 30 behandelt:
„Rentenzahlungen für Beschäftigungen in einem Ghetto rückwirkend ab 1997
ermöglichen“. Zweifellos ein wichtiges Thema. Der Antrag von SPD und Grünen
wurde in die Ausschüsse verwiesen, die Reden sind zu Protokoll genommen.
Dauer der Befassung: 33 Sekunden.
6 Aug 2012
## AUTOREN
Anja Maier
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