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# taz.de -- Oppositionspolitiker in Russland vor Gericht: Die Widerspenstigen s…
> Früher ließ der Kreml den Duma-Abgeordneten Gudkow als einen der wenigen
> Kritiker gewähren. Nun wird ihm der Prozess gemacht – offenbar um ihn
> mundtot zu machen.
Bild: Soll nicht mehr kritisieren: Duma-Abgeordneter Gennadi Gudkow.
MOSKAU taz | Gennadi Gudkow ist seit Langem ein scharfer Kritiker der
politischen Verhältnisse in Russland. Schon vor den Massenprotesten nach
den Dumawahlen im Dezember nahm der Parlamentarier der Partei „Gerechtes
Russland“ (GR) kein Blatt mehr vor den Mund. Dadurch machte der 57-jährige
Exgeheimdienstler die einst systemkonforme Oppositionspartei für viele
wählbar.
Gudkow gehörte auch zu den Organisatoren der Großdemonstrationen der
Opposition. Der Kreml tastete den Vizevorsitzenden des
Sicherheitsausschusses lange nicht an: „Ich gehöre wohl zu jenem kleinen
Kreis, den man gewähren lässt“, erklärte Gudkow der taz noch im Dezember.
Im System Putin erfülle er so etwas wie eine Alibifunktion: „Ganz ohne
Kritik sieht das System doch ziemlich dumm aus“, meinte er damals.
Seit Wladimir Putin im Mai in den Kreml zurückkehrte, hat sich die Lage
verschärft. Die Führung achtet noch weniger auf ihr Image als vorher. Mit
der absurden Verfolgung der Punkband Pussy Riot setzt sich der Kreml zwar
weltweitem Spott aus.
Im Schatten der Inquisitoren bleiben jedoch die anderen Handlanger des
Systems nicht untätig: Anfang September entscheidet die Duma, ob Gudkow
Mandat und Immunität entzogen werden. Da die Staatspartei in der Mehrheit
ist, scheint der Ausgang schon klar.
Gudkow wird zur Last gelegt, Mandat und Geschäft illegal miteinander
verknüpft zu haben. Er streitet das ab. Angeblich hatte er die Geschäfte an
seine Frau überschrieben. Doch ist dieser Vorwurf in der korrupten
politischen Landschaft Russlands nur vorgeschoben. Die Verquickung von
Politik und Geschäft ist eher die Norm als die Ausnahme.
## Lebensgrundlage entzogen
Der widerspenstige Abgeordnete soll mundtot gemacht werden. Am besten geht
das, wenn man der Familie die materielle Grundlage entzieht. Gudkow
gehörten seit Anfang der 1990er Jahre, nachdem er aus dem Geheimdienst
ausgeschieden war, mehrere Sicherheitsunternehmen in Sankt Petersburg und
Moskau. Sie arbeiteten für Ikea und andere große ausländische Unternehmen
in Russland. Das schützte sie jedoch nicht vor Übergriffen. Zunächst entzog
man ihnen die Lizenz, dann wurde die Familie gezwungen, die Firmen zu
verkaufen.
Die früheren Kollegen hatten unterdessen erwartet, dass der Abgeordnete
einlenken würde. Auch Gudkows Sohn Dmitri ist Abgeordneter der GR. Er
fürchtet, dass sein Vater für mindestens zwei Jahre ins Gefängnis wandern
könnte. Inzwischen tauchte noch ein Bulgare auf, der den Ex-KGBler schwer
belastet. Über Baufirmen soll Gudkow in Bulgarien und Gibraltar Geld
gewaschen haben, behauptet Iwailo Sartowa, der sich mit der Bitte, die
Angelegenheit aufzuklären, an die Ermittlungsbehörde wandte.
Um Nägel mit Köpfen zu machen, wurde überdies ein Gesetzesprojekt lanciert,
das den Besitz von Immobilien und Firmen im Ausland für Abgeordnete und
Beamte unter Strafe stellen will. Dagegen dürfte es aus den eigenen Reihen
erheblichen Widerstand geben.
Kaum beachtet sitzen zudem noch zehn Jugendliche ein, die an der Großdemo
am 6. Mai teilgenommen haben sollen. Sie wurden im Nachhinein von einem
200-köpfigen Sonderstab der Ermittler aus den sozialen Netzen
herausgefiltert. Ihnen wird Widerstand gegen die Staatsgewalt zur Last
gelegt.
12 Aug 2012
## AUTOREN
Klaus-Helge Donath
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