| # taz.de -- Harald Wolf zu Schönefeld: "Das Desaster ist groß genug" | |
| > Das Flughafendebakel zahlt der Steuerzahler, sagt Harald Wolf. Der | |
| > Linken-Verkehrsexperte glaubt inzwischen an eine weitere Finanzspritze | |
| > aus der EU. | |
| Bild: Ernsthaft besorgt: Linken-Verkehrsexperte Harald Wolf | |
| taz: Herr Wolf, die Flughafengesellschaft bekommt keine neuen Kredite mehr. | |
| Erstaunt Sie das? | |
| Harald Wolf: Das ist nicht weiter verwunderlich: Ich gehe schon seit langem | |
| davon aus, dass Mehrkosten, die das Budget des Flughafens überschreiten, | |
| nicht über zusätzliche Kredite der Flughafengesellschaft finanziert werden | |
| können. Das liegt zum einen daran, dass die Ertragskraft des Flughafens | |
| nicht ausreicht, um weitere Kredite in dieser Größenordnung zu bedienen. | |
| Zudem ist generell die Situation an den Finanzmärkten schwierig: Große | |
| Kredite mit langer Laufzeit bekommt man derzeit nur schwer. | |
| Ist das schlimm? | |
| Es bedeutet, dass die Mehrkosten über die Haushalte von Brandenburg und | |
| Berlin sowie des Bundes aufgefangen werden müssen. Das belastet den | |
| Steuerzahler. | |
| Was bedeutet das für den Berliner Landeshaushalt? | |
| Das hängt von der Höhe der Mehrkosten ab und die steht noch nicht fest: | |
| Noch sind ja nicht alle Fragen geklärt. | |
| Derzeit fehlen angeblich 1,2 Milliarden Euro. | |
| Berlin ist Mitgesellschaftler und muss anteilig dafür aufkommen – also wenn | |
| die Zahl 1,2 Milliarden stimmt, wären das rund 400 Millionen Euro. | |
| Hat Berlin die noch? | |
| Die Verschuldung erhöht sich, damit steigt die Zinslast, die jährlich den | |
| Haushalt belastet. Auch wenn die Zinsen derzeit relativ niedrig sind, sind | |
| das jährlich zwischen 10 und 12 Millionen. | |
| Die Lage sei nicht bedrohlich, sagt ihr Parteigenosse, Brandenburgs | |
| Finanzminister Helmuth Markov. Er sieht keinen Liquiditätsengpass. | |
| Ich bin nicht Mitglied des Aufsichtsrats, deshalb kann ich nichts über die | |
| Liquiditätsplanung sagen. Aber Markov hat ja betont, dass man die | |
| Flughafengesellschaft nicht in die Insolvenz gehen lässt. Und er hat zu | |
| verstehen gegeben, dass es eine Zwischenfinanzierung braucht. | |
| Markov will einen „Brückenkredit“ aufnehmen. | |
| Es geht um einen Kredit mit kurzer Laufzeit, um die Zeit für die | |
| wahrscheinlich notwendige Ratifizierung bei der Europäischen Union für | |
| weitere Finanzhilfen zu überbrücken. | |
| Die EU-Kommission muss diese zusätzlichen Finanzspritzen genehmigen. | |
| Glauben Sie, das geschieht? | |
| Ja. Es handelt sich um ein Investitionsprojekt, bei dem die Gesellschafter | |
| zusätzliches Eigenkapital zuschießen, um die Investition zu realisieren. | |
| Das dürfte auch die EU anerkennen. | |
| Das Ding kostet nach aktuellem Stand 4,3 Milliarden Euro, Anfang Mai waren | |
| es noch 2,8 Milliarden. Wie teuer wird der Flughafen am Ende sein? | |
| Gegenwärtig wird der gesamte Bau überprüft – was da im Einzelnen noch an | |
| Kosten entsteht, ist völlig offen. Unklar ist auch, inwieweit | |
| Regressforderungen gegenüber dem Generalplaner oder bauausführenden | |
| Unternehmen durchgesetzt werden können. Im Moment kann niemand präzise | |
| sagen, wie teuer der Flughafen wird. | |
| Aber ein zweistelliger Milliardenbetrag droht wohl nicht? | |
| Das Desaster ist doch schon groß genug, da muss man nicht auch noch | |
| übertreiben. | |
| Ist den Berlinern und Brandenburgern angesichts der Kostensteigerung der | |
| Bau des Flughafens noch vermittelbar? | |
| Man muss sehen, wodurch die Kostensteigerung verursacht worden ist: Es ist | |
| vermittelbar, dass man viel Geld für Lärmschutzmaßnahmen und den Schutz der | |
| Anwohner ausgibt. Das ist die Folge der Entscheidung in den 90er Jahren, | |
| einen stadtnahen Flughafen zu bauen. Nicht vermittelbar sind die | |
| Mehrkosten, die durch Baumängel, mangelnde Koordinierung und die dadurch | |
| verursachte mehrfache Verschiebung der Inbetriebnahme verursacht sind. | |
| Und wann wird er eröffnet: Glauben Sie an den März 2013? | |
| Das ist keine Glaubensfrage. Der neue Technikchef muss das überprüfen. Aber | |
| selbst der Aufsichtsrat scheint sich ja keine Prognose zuzutrauen bei der | |
| Sitzung kommende Woche. Wir werden das wahrscheinlich erst im September | |
| erfahren. | |
| 10 Aug 2012 | |
| ## AUTOREN | |
| Bert Schulz | |
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