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# taz.de -- Frauenfußball: Verbrannte Erde unterm Rasen
> Nach dem Aus für die Bundesliga-Frauen des HSV drohen dem Nachwuchs in
> Norddeutschland harte Zeiten - auch weil der Verband sich aus der
> Förderung stiehlt.
Bild: Goldene Zeiten: HSV-Frauen unterliegen 2002 erst im Pokalfinale gegen Fra…
HAMBURG taz | Man könnte meinen, das Ende der
Frauenfußball-Bundesligamannschaft des Hamburger SV sei ziemlich
geräuschlos über die Bühne gegangen. Ist aber nicht so. In den Vereinen der
Stadt und in ganz Norddeutschland, in denen Mädchen- und Frauenfußball
ernst genommen wird, gibt es Leute, die über Folgen und Ursachen
nachdenken.
Ulf Ancker, 48, war mal Co-Trainer der HSV-Zweitligamannschaft, die 2011
Meister wurde und dann aufgelöst wurde – eine Saison vor der
Erstliga-Mannschaft. Ancker trainiert heute Mädchenteams beim Eimsbütteler
Turnverband (ETV). Beim ETV kicken 850 Kinder und Jugendliche, davon 300
Mädchen. Mehr als ein Drittel, das schaffen andere Vereine nicht. Vor allem
in den vergangenen Monaten ist die Zahl der Mädchen, die sich neu anmelden,
gestiegen. Der SC Victoria, weiß Ancker, „hat ähnliche Zuwachsraten“. Der
ETV arbeitet mit lizensierten Trainern nach einem speziellen Konzept für
Mädchen-Fußball. Der ETV-Vorsitzende Frank Fechner sagt: „Mädchenfußball
steht bei uns ganz oben.“
60 Mädchen kicken in der E-Jugend des ETV, aus den 60, sagt Fechner,
„machen wir 160, hätten wir einen Kunstrasenplatz fürs Training“. Die ers…
Frauen-Mannschaft des ETV spielt Bezirksliga, das ist die sechste Liga.
Fechner rechnet genau, welche Liga er sich leisten kann, und welche nicht:
„Bis Verbandsliga ist alles gut, in der Regionalliga muss man weit reisen
und wird nicht gefördert, die Zweite Bundesliga ist dann wieder okay“, sagt
Fechner.
Die Zuschauerzahlen bei Bundesligaspielen sind nicht gestiegen nach der
Frauen-WM, es gibt kein Interesse von Sponsoren am Semi-Profifußball der
Frauen. Wer damit gerechnet hat, verkennt den prinzipiellen Unterschied
zwischen Männer und Frauenfußball. „Von unseren Mädchen wurde nicht über
das, was da beim HSV in Sachen Frauenfußball passiert ist, diskutiert, die
diskutieren über Westermann und Aogo“, sagt Ancker. Die Mädchen gehen auch
nicht zu den Heimspielen der HSV-Frauen, sondern zu den HSV-Männern und zum
FC St. Pauli.
Ancker sagt, „dass der DFB bis zur WM den Frauen-Fußball gepusht hat. Er
wurde künstlich oben gehalten, das ist jetzt vorbei, nun bricht so manches
zusammen“. Etwa beim HSV. Auch bei den Zweitligisten Holstein Kiel und FFC
Oldesloe ist die Situation nicht einfach. Ancker sieht das Problem beim DFB
und seinen Landesverbänden: „Da wird nur Eliteförderung betrieben, der
Hamburger Fußballverband setzt das um. An der Basis kommt nichts an.“ Im
Grunde werden die mehr oder weniger erfolgreichen Modelle des
Männerfußballs auf die Frauen übertragen, „dabei ist doch offensichtlich�…
sagt Ancker, „dass dies zwei völlig unterschiedliche Dinge sind“. Es fehlen
Trainer für den Mädchenfußball, es fehlen Sportplätze, „die Basisarbeit�…
sagt Ancker, „ist kaputt“.
Dass der HSV die erste Frauenmannschaft wegen eines Fehlbetrags von 100.000
Euro aus der Bundesliga abgemeldet hat, kritisieren Fechner und Ancker
nicht. „Das hätte der ETV auch so gemacht“, sagt Fechner.
Heinrich Färber, 54, Trainer und Obmann für Mädchen und Frauenfußball beim
Walddörfer SV, sieht das anders. Beim WSV spielen 200 Frauen und Mädchen
Fußball, das erste Frauenteam spielt Bezirksliga. Auch der WSV hat die
„höchsten Zuwachszahlen in der F-Jugend“. Die Frage, so Färber, „ist do…
ob ein großer Sportverein in einzelnen Amateur- oder in semiprofessionellen
Bereichen einen Gewinn erwirtschaften muss“. Dies, so Färber, „erschließt
sich mir nicht“.
Er ist der Meinung, ein Verein wie der HSV dürfe aus „ideellen Gründen und
aus Verpflichtung gegenüber der Allgemeinheit, eine
Frauen-Bundesligamannschaft nicht wegen 100.000 Euro einstellen“. Er hatte
das Gefühl, der HSV betrachte die Frauen „als Klotz am Bein“.
Er kritisiert auch, dass der HSV, den Empfehlungen des Verbands folgend,
seine Mädchenteams im Nachwuchs aus den Mädchenligen abgemeldet hat und
gegen Jungen-Mannschaften spielen ließ. „Zugegeben“, sagt Färber, „die
haben in ihren Ligen mal 7:0 gewonnen, sie abzumelden, ist allerdings keine
Lösung.“ Spielerisch, so Färber, „hat die das nicht weiter gebracht“. D…
Mädchen spielen „nun robuster, körperbetonter, aber nicht besser“. Der
Auswahltrainer, so Färber, fordere leistungsstarke Mädchen auf,
Mädchenteams zu verlassen und in Jungen-Mannschaften mitzuspielen. „Das
kann man mal im Notfall machen“, findet Färber, „aber das gibt’s in kein…
anderen Sportart als Regel.“ Eine fatale Trennung: leistungsorientierte
Mädchen bei den Jungs, der Rest macht Breitensport. Da werde aus der
Tatsache, dass Nationalspielerinnen in ihrer Jugend in Jungenteams gekickt
haben, „ein falscher Schluss gezogen“. Denn, so Färber, Jungen und
Mädchenfußball sind „zwei verschiedene Sportarten“.
Statt dessen wäre es besser, die Konzentration guter Nachwuchsspielerinnen
beim HSV, die zur Überlegenheit im Nachwuchsbereich geführt habe,
aufzubrechen. Er verweist auf die Situation in Skandinavien, wo es eine
größere Dichte leistungsstarker Ligen mit leistungsstarken Teams gibt,
obwohl die Fahrten viel weiter sind. „In Hamburg hätten wir viel bessere
Voraussetzungen als die Skandinavier“, so Färber.
Was den Rückzug des HSV aus der Frauen-Bundesliga anbelangt, hätte er sich
eine klarere Stellungnahme des Verbands gewünscht. Der HSV hatte bislang,
was den Leistungsfußball bei Mädchen und Frauen in Hamburg anbelangt, ein
Monopol. Das hat, so Färber, „der Entwicklung nicht gut getan“.
13 Aug 2012
## AUTOREN
Roger Repplinger
## TAGS
Fußball
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