| # taz.de -- Kinofilm „Starbuck“: 140 ziemlich beste Freunde | |
| > Wie schön wäre eine Attacke auf den guten Geschmack! Aber Ken Scotts | |
| > Komödie „Starbuck“ bleibt brav. Obwohl darin 140 Kinder von nur einem | |
| > Samenspender gezeugt wurden. | |
| Bild: Ein Grund zum Jubeln? 140 Sprösslingen hat David (l.) unbewusst das Lebe… | |
| Man muss die Kuh melken, solange sie Milch gibt. Im Zusammenhang mit | |
| „Starbuck“, in dem der berufsjugendliche und von seinem eigenen Leben | |
| heillos überforderte Forty-Something David (Patrick Huard) aus heiterem | |
| Himmel mit knapp 140 Sprösslingen konfrontiert wird, die auf dessen | |
| erfolgreiche Budgetaufbesserung durch beherztes Samenspenden vor 20 Jahren | |
| zurückgehen, klingt das vielleicht frivol, zielt aber auf anderes. | |
| Nach dem sagenhaften Kassenerfolg von „Ziemlich beste Freunde“, der die | |
| Bilanz mancher teurer Hollywood-Blockbuster trist aussehen lässt, ringen | |
| die Filmverleiher merklich darum, den nächsten großen Wohlfühl-Hit ins Kino | |
| zu zerren, der sich an der Spitzenposition und in den Sälen der | |
| Provinzkinos festbeißt. Gerne aus Frankreich, am besten irgendwas mit | |
| Rollstuhlfahrer – und ab zum Melken. | |
| Nun kommt „Starbuck“ zwar aus Kanada, aber das geht als Frankreich | |
| Nordamerikas halb durch. Für den Rollstuhlfahrer ist immerhin gesorgt: | |
| Rafael heißt ein Sohn aus Davids überwältigender Nachkommenschaft, deren | |
| Klage auf Preisgabe der Identität ihres Vaters dieser zunächst barsch | |
| abzuwehren versucht, nur um sich dann doch inkognito ins Leben seiner | |
| Kinder zu schieben. | |
| Den Prozess um seine Identität möchte er daher am liebsten zugleich | |
| gewinnen und verlieren. Dieser Rafael fährt nicht nur Rollstuhl, er ist | |
| auch geistig behindert – und damit der ideale Köder nicht nur für den im | |
| Grunde herzensguten David (der, wie sich herausstellt, nicht mal aus | |
| Eigennutz zum Fließbandwichsen angetreten ist), sondern auch für das | |
| Publikum, das sich von Davids rührendem Engagement für den Jungen rühren | |
| lassen darf. | |
| ## „Wir haben uns alle lieb“-Finale | |
| Ist dies beim langen Melken dann geschehen, interessiert Rafael auch nicht | |
| mehr und bleibt für den Rest des Films, zumal im großen „Wir haben uns alle | |
| lieb“-Finale, ungesehen: 140 ziemlich beste Freunde auf einem Haufen, nur | |
| den Rollstuhlfahrer hat man zu Hause stehen lassen – peinlich. Bis dahin | |
| geht es lange herzig, manchmal auch leicht melodramatisch, dann wieder | |
| romantisch zu: slice of life. | |
| Als Gebrauchsfilm erreicht er seine Zielvorgaben damit mit links, bleibt | |
| dabei aber auch konsequent brav und wohlfühlig. Man kann nur träumen, was | |
| ein Judd Apatow aus der bizarren Ausgangssituation gemacht hätte, | |
| mutmaßlich ein großartiges Spektakel wider den guten Geschmack. „Starbuck“ | |
| wagt sich unterdessen schon weit raus, wenn der Metzgerfahrer David am | |
| Grill müde Tofuwürstchen-Witze reißt. | |
| 16 Aug 2012 | |
| ## AUTOREN | |
| Thomas Groh | |
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