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# taz.de -- Kommentar Vaterbesuch per Gericht: Das Recht des Kindes
> Das Denken in Fragen des Kindeswohls verändert sich. Doch Elternliebe
> kann der Staat nicht beeinflussen. Ein Vater per Gerichtsentscheid nützt
> wenig.
Es klingt wie die kuriose Umkehrung einer häufig gehörten Klage von Vätern:
Ein Mann streitet mit der Mutter seines Sohns. Nicht etwa, weil sie ihm den
Umgang mit dem Kind verweigert. Im Gegenteil: Der Vater weigert sich, sein
Kind zu treffen, und verweist dabei auf ein Veto seiner Ehefrau. Die
Exgeliebte aber will ihn gerichtlich zwingen, das uneheliche Kind zu
treffen. Leicht ließe sich der Fall abtun als kurioser Versuch, per
Richterspruch Elternliebe zu verordnen. Doch es geht um viel mehr. Der Fall
wirft ein Schlaglicht darauf, wie sehr sich das Denken in Fragen des
Kindeswohls verändert hat.
Lange hielt sich in den Köpfen auch vieler Familienrichter eine tradierte
Überzeugung. Es herrschte der Glaube vor, dass ein Kind vor allem die
Mutterliebe brauche und dass es notfalls ausreiche, wenn Väter ihren
Kindern lediglich als entfernte Geldgeber dienen. Erst in den vergangenen
Jahren ist ins Bewusstsein gerückt, wie sehr ein Kind auch unter Vaterferne
leiden kann. Allmählich erst sickert ins Denken ein, was seit 1998 deutlich
im Gesetzbuch verankert ist: dass nicht die Wünsche der Eltern im
Vordergrund zu stehen haben, sondern dass es um das Recht des Kindes geht,
beide Elternteile regelmäßig zu sehen.
Der Gesinnungswandel zeigt sich derzeit an mehreren Fronten. Stärker als
früher bemühen sich Behörden heute, adoptierten Kindern den Zugang zu ihren
leiblichen Eltern zu ermöglichen. Heftiger als zuvor sind anonyme
Samenspenden in die Kritik geraten, seit die so gezeugten Kinder alt genug
sind, vor Gericht zu ziehen: Über die eigene biologische Herkunft nichts zu
wissen ist für viele weit schwerer zu verkraften, als man dies einst
vermutet hätte.
Der Fall zeigt aber auch, wie begrenzt letztlich die Möglichkeiten des
Staates sind, in Fragen der Elternliebe einzugreifen. Was nützt es einem
Kind, wenn sein Vater qua Gerichtsbeschluss zum Treffen verpflichtet wird -
sich aber bei der Begegnung womöglich gelangweilt abwendet und das Kind
damit nur umso mehr verletzt? Das Verfahren zeigt, wie hilflos die
Gesellschaft noch nach Wegen fahndet, das neue Ideal des Kindeswohls
umzusetzen. Der Richtungswechsel ist eingeleitet. Die Wege werden noch
erprobt.
21 Nov 2007
## AUTOREN
Cosima Schmitt
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