# taz.de -- Kommentar Netzausbau: Die Alibiveranstaltung | |
> Auch der neue Netzentwicklungsplan ist fehlerhaft. Doch protestieren die | |
> Bürgerinitiativen weiter gegen den Ausbau der Trassen, gefährden sie die | |
> Energiewende. | |
Bild: Der Netzausbau wird teuer – insbesondere für den Endverbraucher. | |
Der zweite Entwurf des Netzentwicklungsplans bestätigt die Skepsis vieler | |
Bürgerinitiativen gegen Hochspannungstrassen. Die neue Variante sollte die | |
Einwände berücksichtigen, die Bürger und Verbände gegen den ersten Entwurf | |
vorgetragen hatten. | |
Aber bis auf ein paar Kleinigkeiten ist alles beim Alten geblieben. Mehrere | |
Tausend Kilometer neue Höchstspannungsleitungen sollen demnach nötig sein, | |
um die Energiewende zu schaffen. | |
Dass sich die öffentliche Beteiligung nun zur von BI-Vertretern vorab | |
befürchteten Alibiveranstaltung entwickelt hat, lässt sich den vier | |
Übertragungsnetzbetreibern kaum vorwerfen. Bei ihren Berechnungen für den | |
Netzentwicklungsplan durften sie lediglich die Vorgaben der | |
Bundesnetzagentur berücksichtigen. Und die hießen: Vorschriften oder | |
Anreize für den Standort der Windräder und Solarstromanlagen gibt es nicht, | |
die Netze müssen den einmal errichteten Erneuerbaren-Kraftwerken | |
hinterhergebaut werden. | |
Die strukturschwachen Bundesländer im Norden und Osten sehen die | |
Energiewende als Chance zum Stromexport. Windanlagen an Land und See sollen | |
dafür in großem Stil ausgebaut werden, weit über den lokalen Bedarf hinaus. | |
Die großen Strom-Verbrauchszentren liegen jedoch im Süden und Westen | |
Deutschlands. | |
Verbände wie Eurosolar forderten daher, den Ausbau in größer Nähe zu den | |
Verbrauchszenten zu prüfen. Damit wäre ein guter Teil des Netzausbaus | |
hinfällig. Sonderlich populär ist die Eurosolar-Forderung allerdings auch | |
bei vielen Anhängern der Erneuerbaren nicht: Der mühsam geschnürte | |
politische Konsens zur Energiewende, der die Energiekonzerne mit ihren | |
Offshore-Anlagen ebenso davon profitieren lässt wie bayerische | |
Eigenheimbesitzer von Solaranlagen, stünde erneut zur Disposition. | |
Der Zeitrahmen eines schnellen Atomausstiegs wäre gefährdet. So bleibt für | |
die Bürgerinitiativen gegen Höchstspannungstrassen die Wahl zwischen zwei | |
schlechten Alternativen: Entweder sie protestieren weiter gegen den Ausbau | |
der Höchstspannungstrassen - und gefährden die Energiewende. Oder sie | |
schlucken den Netzentwicklungsplan - mit all seinen grundsätzlichen | |
Fehlern. | |
16 Aug 2012 | |
## AUTOREN | |
Martin Reeh | |
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