# taz.de -- Debatte um Eurozone: Finnen werden nervös | |
> Der finnische Außenminister heizt die Debatte über einen Bruch der | |
> Eurozone an. Auch auf ein ungewolltes Ende müsse man sich vorbereiten. | |
Bild: Wirtschaftliche Geschäftigkeit in Rom. | |
STOCKHOLM taz | Könnte Finnland das erste Land sein, das die Eurozone | |
verlässt? Außenminister Erkki Tuomioja meint, ja. Zumindest habe man in | |
Helsinki einen „Handlungsplan für jede Eventualität“ getroffen. | |
In einem Interview mit der britischen Zeitung The Telegraph konstatierte | |
der Sozialdemokrat, auch in Finnland wolle zwar niemand, dass sich die | |
Eurozone auflöse, doch sollten sich die EU-Länder auf das Ende der Zone | |
vorbereiten. Das Blatt zitiert auch Timo Soini, den Vorsitzenden der | |
rechtspopulistischen Wahren Finnen. Dieser meint, es sei absehbar, dass | |
„entweder der Süden oder der Norden wegbrechen wird, weil diese Währung | |
eine Zwangsjacke ist, die Millionen Menschen in Not bringt und die Zukunft | |
Europas zerstört“. | |
Ein Ende des Euro werde teuer, erklärt Tuomioja – auch für Finnland, das zu | |
den wenigen Ländern gehört, das die Ratingagenturen noch mit der Bestnote | |
auszeichnen. „Kurz- und mittelfristig würde es vermutlich mehr kosten, als | |
die Krise durchzustehen.“ Den Bestand der Europäischen Union müsse das aber | |
nicht gefährden, im Gegenteil: „Es könnte sein, dass die EU danach besser | |
funktioniert.“ | |
Die Meinung der finnischen Regierung habe Tuomioja mit solchen Ansichten | |
nicht zum Ausdruck gebracht, beeilte sich der konservative Europaminister | |
Alexander Stubb umgehend, diesen Vorstoß zu entschärfen: Tatsächlich | |
bereite sich Helsinki nicht auf einen Ausstieg vor. | |
## Konsequenzen werden durchgerechnet | |
Dabei ist offensichtlich, dass die Behörden längst die möglichen | |
Konsequenzen durchrechnen. So präsentierte die staatliche Revisionsbehörde | |
im vergangenen Monat Zahlen, nach denen die Zugehörigkeit zum Euro Finnland | |
seit 2008 rund 35 Milliarden Euro gekostet habe. Gleichzeitig konnte man | |
allerdings nicht sagen, wie teuer es das Land gekommen wäre, wenn es die | |
Eurokrise noch mit der Finnmark erlebt hätte. Doch zeigen die aktuellen | |
ökonomischen Kennzahlen des Nachbarlands Schweden, dass diesem das | |
Festhalten an der Schwedischen Krone nicht nur nicht geschadet hat, sondern | |
es damit sogar besonders gut gefahren ist. | |
Finnland als einziges skandinavisches Land, das den Euro eingeführt hat, | |
werde auch als erstes zu einer selbstständigen Währung zurückkehren, | |
prophezeite jüngst der US-Ökonom Nouriel Roubini. Es gibt auch schon ein | |
Kürzel für diesen Fall: „Fixit“, was für „Finland exit“ steht. | |
Für „Fix-it“ plädieren dagegen die Befürworter eines Verbleibs in der | |
Eurozone. Sie warnen davor, dass die Risiken einer Rückkehr zur Finnmark | |
nicht kalkulierbar seien: Eine Währungsgemeinschaft zu verlassen sei etwas | |
ganz anderes, als ihr gar nicht erst beizutreten. | |
Und die FinnInnen selbst? Zwei Drittel möchten nicht mehr auf den vor zehn | |
Jahren eingeführten Euro verzichten, ein Viertel dagegen will die Finnmark | |
wiederhaben. Ebenfalls zwei Drittel lehnen es aber laut Umfragen strikt ab, | |
dass sich Finnland auch nur noch mit einem einzigen zusätzlichen Euro an | |
künftigen Eurorettungsaktionen beteiligt. | |
17 Aug 2012 | |
## AUTOREN | |
Reinhard Wolff | |
## TAGS | |
Finnland | |
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