# taz.de -- Möbelhausansiedlung in Innenstadtlage: Freifahrtschein für Ikea | |
> Die Stadt kommt Ikea bei dessen Ansiedlung in Altona finanziell entgegen. | |
> Immer noch unklar bleibt, wie die Möbel vom Kaufhaus wegkommen sollen. | |
Bild: Könnte eng werden: Auch Mittsommerbäume und Aktionsstände sollen die G… | |
Die Stadt sponsert den schwedischen Möbelkonzern. Das geht aus dem | |
städtebaulichen Vertrag hervor, den die Stadt mit Ikea geschlossen hat und | |
der der taz vorliegt. Konkret geht es um eine Ausgleichszahlung, die Ikea | |
für die Aufwertung seines Grundstücks in der Großen Bergstraße leisten | |
müsste, aber nicht leistet. Wohl weil die Stadt Ikea damit Vorteile | |
verschafft, ließ der Konzern eine entsprechende Passage im Vertrag | |
schwärzen – mit Verweis auf die „Wahrung des Geschäftsgeheimnisses“. | |
Grundeigentümer profitieren in Sanierungsgebieten wie der Großen | |
Bergstraße, weil der Wert ihrer Grundstücke durch die Sanierungsmaßnahmen | |
gesteigert wird. Deshalb wird am Ende der Sanierung ein Ausgleichsbetrag | |
fällig, den sie an die öffentliche Hand zahlen müssen. Die Höhe des Betrags | |
bemisst sich üblicherweise an der jeweiligen Bodenwertsteigerung. | |
Ikea zahlt den Ausgleichsbetrag nicht und verweist darauf, dass der Konzern | |
keinerlei Zuschüsse zum Abriss des Frappant-Gebäudes bekommen habe. Die | |
Abrisskosten für das Frappant-Gebäude dürften sich aber bereits im | |
Kaufpreis, den der Möbelkonzern an die Münchener Immobilienfirma Immo | |
Trading gezahlt hat, niedergeschlagen haben. | |
„Außerdem beteiligt sich Ikea an den Erschließungsmaßnahmen im Umfeld“, … | |
Sprecherin Simone Settergren. Gemeint sind damit die 300.000 Euro, die der | |
Konzern für die Gestaltung des Goetheplatzes bereitstellt – und sich | |
dadurch weitere Vorteile verschafft. Denn mit der Summe hat sich Ikea eine | |
„aktive Einbindung in die Planung und Ausführung der Platzgestaltung“ | |
erkauft. Außerdem soll der Konzern vom Bezirk „regelmäßig, mindestens | |
monatlich, über den aktuellen Planungs- und Ausführungsstand“ unterrichtet | |
werden. Die Raumansprüche des Möbelhauses gehen über das Grundstück weit | |
hinaus (siehe Kasten). Über Sondernutzung des öffentlichen Platzes | |
entscheidet aber der Bezirk. | |
Obwohl der Vertrag alle wichtigen Details – wie die Erschließung, das | |
Parkleitsystem und Sondernutzungen – regeln sollte, bleibt er in | |
entscheidenden Fragen immer noch recht vage. Dass etwa das Verkehrskonzept | |
nicht erwähnt wird, stößt inzwischen auch bei den Bezirksfraktionen auf | |
Kritik. „Das Problem ist, dass wesentliche Teile wie der | |
Erschließungsvertrag und das Verkehrs- und Mobilitätskonzept noch nicht | |
feststehen“, sagt Holger Sülberg (GAL). Es bleibe nach wie vor offen, wie | |
die erworbenen Möbel eigentlich vom Kaufhaus wegkommen sollen. | |
Bislang gehen die Gutachten von Ikeas Hypothese aus, dass die Hälfte der | |
Kunden mit Bus und Bahn anreisen. Die Schätzung ist allerdings aus der Luft | |
gegriffen. Damit viele Kunden mit dem ÖPNV anreisen, sind Liefer- und | |
Mobilitätskonzepte entscheidend. Im Gespräch sind etwa Möbeltaxies, bei | |
denen Ikea mit privaten Transportfirmen kooperiert. Zu den Planungen will | |
sich Ikea bislang nicht äußern. „Bis zum ersten Spatenstich gehen wir mit | |
dem Konzept nicht an die Öffentlichkeit“, sagt Settergren. | |
Solange ÖPNV-Anbindung und Möbeltransport immer noch unklar sind, dürfte | |
das Pilotprojekt Innenstadtmöbelhaus planerisch riskant bleiben. Sollte | |
sich in fünf Jahren herausstellen, dass sich das Kaufhaus nicht rentiert, | |
hätte die Stadt den nächsten Klotz am Bein. Nur dass der noch wesentlich | |
größer wäre als das alte Frappant-Gebäude. | |
19 Aug 2012 | |
## AUTOREN | |
Lena Kaiser | |
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