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# taz.de -- Sänger Dieter Thomas Kuhn über sich selbst: „Meine Frisur dauer…
> Dieter Thomas Kuhn kann keine Lieder schreiben und ist trotzdem gerade
> auf Deutschland-Tournee. Ein Gespräch mit dem Schlagersänger.
Bild: Auf klebrigen Glamour stehen auch seine Fans: Dieter Thomas Kuhn.
taz: Herr Kuhn, wer sind Sie, wenn Sie morgens vor einem Konzert aufwachen?
Thomas Kuhn: Zunächst bin ich der Familienvater, der sich um seine
siebenjährige Tochter kümmert. Ich mache Frühstück und bringe mein Kind in
die Schule.
Und wann verwandelt sich Thomas Kuhn in Dieter Thomas Kuhn?
Ich switche erst um, wenn wir auf Tour sind. Auf der Bühne bin ich zwar ein
Schauspieler, aber in der Kunstfigur steckt viel von meiner Persönlichkeit.
Können Sie die beiden noch voneinander unterscheiden?
Es gibt mittlerweile keine klare Trennung mehr. Das ist mir bewusst
geworden, als wir nicht mehr gespielt haben. Wenn mich die Leute gesehen
haben, war ich für sie immer noch der Dieter, egal ob mit oder ohne
Föhnwelle.
Dieter Thomas Kuhn ist mittlerweile zwanzig Jahre alt. Aber er scheint sich
kaum verändert zu haben.
Die Figur hat sich weder entwickelt noch verändert. Aber genau das macht
uns ja aus. Wir sind und bleiben das, was wir sind und immer waren. Eine
Zeitlang habe ich einen Schnauzbart getragen. Mir hatte das gefallen, doch
das Fanlager hatte es ein Stück weit gespalten.
Ist der Look wichtiger als die Musik?
Die Musik spielt die tragende Rolle, aber die Zuschauer kommen ja auch, um
mich und die Band zu sehen.
Vielleicht auch, um sich mal etwas anders anzuziehen?
Viele Fans wollen dem Alltag entfliehen und sich einfach mal verkleiden.
Wenn ich ins Publikum schaue, sehe ich so viele lächelnde Menschen. Das
sind immer jene Momente, die mich darin bestätigen, weiterzumachen.
Sie haben während der Schulzeit im Altenheim gearbeitet, danach waren Sie
Masseur im Tübinger Klinikum. Wollen Sie den Menschen Gutes tun?
Ich war schon immer jemand, der es seinem Umfeld recht machen möchte. Denn
ich verwöhne und beschenke gerne. Wenn es den Leuten um mich herum gut
geht, geht es mir auch gut.
Sie haben sich 1999 von der Bühne verabschiedet. Wieso?
Damals hatten wir schon sieben Jahre gespielt, ich war müde und ausgelaugt
von den vielen Touren. Darüber hinaus hatte ich das Gefühl, dass die Figur
Dieter Thomas Kuhn nicht mehr viel zu erzählen hat.
Und was sollte die Glatze um Abschied?
Die Föhnwelle war und ist mein Markenzeichen. Damals wollten wir den Leuten
auch symbolisch zeigen, dass unsere Zeit zu Ende ist. Haare weg, Kuhn weg.
Inzwischen haben Sie Ihre Frisur ja wieder. Wie lange dauert es eigentlich,
bis die sitzt?
Rund 90 Minuten. Früher hatten wir eine Friseurin, die uns auf der Tour
begleitet hat. Doch sie wurde uns zu teuer, seitdem frisieren wir uns
selber.
Nach ihrem Abgang als Schlagersänger haben Sie sich mit einem
Deutschpop-Projekt versucht. Kritiker sagten, das sei gescheitert.
Ich hatte das Gefühl, dass wir uns musikalisch verändern müssen, und ich
finde, dass wir eine schöne Platte aufgenommen haben. Aber trotzdem war uns
nach ein paar Konzerten klar, dass das nicht unser Ding ist. Außerdem
wurden wir mit Pur verglichen. Das war aus meiner Sicht hanebüchen.
Weshalb sind Sie 2004 zurückgekommen?
Während unserer Pause sind viele Leute auf uns zugekommen und haben uns
ermuntert wieder zu spielen. Offenbar wurden wir also vermisst.
Ursprünglich war nur ein Konzert angedacht, ein Heimspiel in der
Hanns-Martin-Schleyer-Halle. Doch viele Fans haben sich beschwert, dass wir
nur in Stuttgart spielen. Also sind wir nochmals auf Tour gegangen. Wir
wollten spielen, bis man uns nicht mehr haben will – und mittlerweile
befinden wir uns in einer Endlosschleife.
Überrascht es Sie manchmal noch, dass Sie mit gecoverten Schlagern so
erfolgreich sind?
Ja, ich finde das selber erstaunlich. Wir haben denselben Spaß wie in den
Anfangszeiten. Das sieht man uns an und scheint auch unsere Fans zu
begeistern. Ebenso achten wir darauf, in den Medien nicht allzu präsent zu
sein, vor allem nicht im Fernsehen. Denn es gibt so viele Leute, die vor
laufenden Kameras Unsinn erzählen, da entsteht bei mir oft ein Gefühl von
Fremdschämen.
Warum schreiben Sie keine eigenen Lieder?
Ich kann es nicht. Im Laufe der Jahre habe ich das mal versucht, aber ich
wurde meinem eigenen Anspruch nicht gerecht.
Wie muss ein Song beschaffen sein, damit Sie ihn covern?
Anfangs konnten die Lieder nicht albern genug sein. Aber im Laufe der Zeit
wollten wir nur noch Songs spielen, die uns ernsthaft gut gefallen.
In den vergangenen Jahren haben Sie sich aus dem Fundus der deutschen
Schlagerlieder aus den 70er-Jahren bedient. Auf der neuen Platte gibt es
nun einige Disco-Songs.
Wir sind diesmal auf einige Disco-Nummern gestoßen, die ursprünglich auf
Englisch aufgenommen, aber damals schon auf Deutsch gesungen worden sind.
Ein Beispiel ist „Killing me softly“ von Roberta Flack. Die deutsche
Version hieß „Etwas in mir wurde traurig“. Die deutschen Versionen waren
damals sehr schlecht und sind kaum beachtet worden, nun lassen wir sie
aufleben.
Und welche Musik hört Thomas Kuhn privat?
Ich bin mit Pink Floyd, Neil Young und 10cc aufgewachsen. Aber im Moment
höre ich viel Folk, zum Beispiel John Mayer. Der war mal mit Jessica
Simpson zusammen und ist mir damals aufgefallen, als er sagte, sie sei wie
Napalm im Bett.
Wenn Sie auftreten, fliegt mitunter Unterwäsche auf die Bühne. Sammeln Sie
die?
Natürlich, es wird nichts weggeschmissen, wir sind ja Schwaben. Diese
Klamotten werden in unserem Garderobenschrank aufbewahrt.
Appropos Gaderobe, wer kleidet Sie eigentlich ein?
Mittlerweile lassen wir alles schneidern. Das Einzige, das keine
Eigenkreation ist, sind die alten NVA-Trainingsanzüge, die wir schon bei
unseren ersten Konzerten getragen haben. Die ollen Dinger sind vermutlich
erst einmal gewaschen worden.
Und wer ist Ihr Modeschöpfer?
Philipp, unser Gitarrist, hat die meisten Ideen für Schnitte und Farben.
Dann ziehen wir los und suchen die entsprechenden Stoffe. Im Anschluss
lassen wir uns hinsichtlich der Nähtechnik beraten. Eine kleine Firma aus
unserer Heimatstadt Tübingen setzt dann unsere Wünsche um.
Wie viele Anzüge hängen in der Garderobe?
Die ist gar nicht so umfangreich. Ich habe zwei Goldanzüge, einen
Silberanzug und fünf bis sechs weitere schrille Dinger.
Beim letzten Mal hatten Sie nach sieben Jahren von Dieter Thomas Kuhn
genug, seit dem Comeback sind schon acht vergangen. Wie lange singen Sie
noch?
Solange wir noch spüren, dass man uns sehen will, werden wir live spielen.
Schlager bis in alle Ewigkeit?
Philipp und ich haben neulich eine Folk- und Country-Platte aufgenommen,
die soll demnächst veröffentlicht werden.
24 Aug 2012
## AUTOREN
André Tucic
## TAGS
Schwerpunkt Eurovision Song Contest
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