# taz.de -- Opposition streitet über Gesetzentwurf: Ganz transparenter Alleing… | |
> Grüne lassen eigenes Transparenzgesetz im Parlament beraten - und | |
> verprellen Piraten und Linke. Die wollten einen gemeinsamen Entwurf. | |
Bild: Was'n das? Die Opposition will mehr Durchblick - mit einem Transparenzges… | |
„Jeder Mensch hat Anspruch auf unverzüglichen Zugang zu allen | |
Informationen“, heißt es in dem Grünen-Entwurf für ein Berliner | |
Transparenzgesetz, den die Partei letzte Woche ins Internet stellte. Das | |
kommt bekannt vor: Steht der Satz doch auch in einer Textfassung, die die | |
Piraten parallel veröffentlichten, zu einem – Berliner Transparenzgesetz. | |
Und auch die Linke erklärt, an einem solchen Gesetz zu arbeiten. | |
Keine Partei, die zu Beginn der Legislatur nicht „mehr Transparenz“ | |
versprochen hätte. Innerhalb der Opposition gerät dies nun zum offenen | |
Wettbewerb. Die Grünen preschten vor und reichten ihren Entwurf zu einem | |
neuen Transparenzgesetz bereits beim Parlament ein, am Donnerstag soll er | |
im Abgeordnetenhaus besprochen werden. Das führt nun zu Zoff mit Piraten | |
und Linken. | |
Als „unkollegial“ schimpft Linken-Landeschef Klaus Lederer das Voreilen der | |
Grünen. Der Öko-Partei gehe es „um Effekt und Alleinstellung“ statt um ein | |
erfolgreiches, gemeinsames Vorgehen. Auch die Piraten fühlen sich düpiert. | |
Rechtsexperte Simon Weiß will sich aber „mit dem Ärger nicht aufhalten“. | |
Vielmehr gehe es nun darum, doch noch einen gemeinsamen Entwurf zu | |
bewerkstelligen. | |
Das Vorbild kommt aus Hamburg: Dort wurde im Juni ein weitreichendes | |
Transparenzgesetz verabschiedet. Daran, so räumen Piraten und Grüne offen | |
ein, habe man sich auch für die Berliner Gesetzentwürfe orientiert. | |
Tatsächlich liest sich vieles in den Texten beider Parteien gleich. Künftig | |
sollen Senat und Bezirke ihre Gutachten, Beschlüsse und Verträge von sich | |
aus veröffentlichen, nicht mehr nur auf Anfrage. Gleiches soll auch für | |
private Unternehmen gelten, an denen das Land beteiligt ist. Ausgenommen | |
sind „Geschäftsgeheimnisse“. Am Ende sollen alle Berichte auf einer | |
Internet-Plattform landen, welche die Piraten „Register“, die Grünen | |
„Portal“ nennen. Viel mehr Unterschiede gibt es nicht. | |
Grünen-Innenpolitiker Benedikt Lux weist einen Wettstreit mit der | |
Opposition zurück: „Transparenz ist ein urgrünes Thema.“ Mit dem | |
Gesetzentwurf habe man eine Arbeitsgrundlage schaffen wollen. Nun werde man | |
im Parlament wie außerhalb „auf alle zugehen“ und den Entwurf diskutieren | |
lassen. Ziel sei es, sogar die Koalition mit ins Boot zu holen. | |
Das wollen auch Linke und Piraten. Man werde sich von dem Grünen-Vorstoß | |
„nicht beeindrucken“ lassen, so Linken-Chef Lederer und ein breites Bündnis | |
suchen. Auch Pirat Weiß sieht für einen gemeinsamen Antrag „inhaltlich | |
keine Hindernisse“. Am Dienstag wollen sich die Oppositionsparteien | |
zusammensetzen. | |
In der SPD amüsiert man sich über das Hickhack. „Sich darin zu überbieten, | |
wer als Erster ein Gesetz abgeschrieben hat, ist Kinderei“, spottet | |
SPD-Rechtsexperte Sven Kohlmeier. An einem eigenen Transparenzgesetz ist | |
dessen Fraktion derzeit nicht interessiert. Erst, so Kohlmeier, wolle man | |
abwarten, wie das Gesetz in Hamburg wirkt. Zudem sei Berlin mit dem 1999 | |
verabschiedeten Informationsfreiheitsgesetz bereits „ganz weit vorn“. | |
Der SPD-Landesvorstand sieht das offenbar anders – und macht sich an der | |
den Piraten zugeschriebenen Kernkompetenz zu schaffen. „Wir sind die | |
Internetpartei Berlins“, heißt es in einem Leitantrag, der letzte Woche | |
verabschiedet wurde. Die SPD setze sich für eine „transparente, | |
bürgerorientierte Verwaltung“ ein, fordere eine | |
„E-Partizipations-Plattform“ und sichere Teilhabe „in der digitalen | |
Gesellschaft“. Das wiederum wird bei den Piraten belächelt. | |
„Internetpartei?“, staunt Weiß. „Da lasse ich mich gerne überraschen.“ | |
26 Aug 2012 | |
## AUTOREN | |
Konrad Litschko | |
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