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# taz.de -- Krise in Griechenland: Die Tricks der Troika
> Griechenland soll die Sechstagewoche einführen, heißt es in einem
> vertraulichen Papier. Offiziell fordern die internationalen Aufpasser das
> nicht.
Bild: Noch ein Tag zur Arbeitswoche dazu: Die Ideen der Troika werden aggressiv…
BRÜSSEL taz | Griechenland soll die Sechstagewoche einführen und den
Kündigungsschutz weiter lockern. Dies geht aus einem vertraulichen
Schreiben der internationalen Troika an das Arbeitsministerium in Athen
hervor, das der taz vorliegt. Es gehe darum, die „Flexibilität“ zu erhöhen
und die „hohen Kosten für Ein- und Austritt aus dem Arbeitsmarkt“ zu
senken, heißt es in dem Papier.
Die Aufseher aus EU-Kommission, Europäischer Zentralbank und
Internationalem Währungsfonds schlagen außerdem vor, die
Arbeitgeberbeiträge für die Sozialkassen zu senken und die Kontrollen für
Arbeitslose drastisch zu verschärfen. Die griechische Regierung habe sich
zu Arbeitsmarktreformen verpflichtet und dürfe nun nicht zurückrudern,
heißt es zur Begründung.
Allerdings kam das Papier, das erst in Athen und dann auch in Brüssel
„durchgestochen“ wurde, bei den Betroffenen ganz anders an. Die
griechischen Medien und viele Politiker fassten es als Versuch der
ungeliebten „Men in Black“ auf, die Notlage des Landes auszunutzen, um
Athen weitere Zugeständnisse abzupressen. Die Troika glaube offenbar, dass
sie es mit einem Dritte-Welt-Land zu tun habe, schimpfte ein Sprecher der
sozialistischen Partei Pasok.
## Kaum mit EU-Recht vereinbar
Die ablehnende bis feindliche Reaktion blieb nicht ohne Wirkung: Die
EU-Kommission distanzierte sich von dem Papier und tat so, als habe sie
nichts damit zu tun. Offenbar hat man in der Brüsseler Behörde erkannt,
dass etliche Vorschläge kaum mit dem EU-Recht vereinbar sind. Die
umstrittenen Forderungen kämen nur vom IWF und seien nicht abgestimmt,
heißt es nun hinter vorgehaltener Hand.
Dennoch zeigt der Vorfall, wie trickreich die Troika arbeitet. Offiziell
befinden sich die internationalen Experten nur auf Inspektionsreise in
Athen. In der Praxis konfrontieren sie die griechische Regierung jedoch mit
immer neuen, immer härteren Forderungen, die in die Form eines nicht
signierten und nicht zitierbaren Papiers gegossen werden. Wenn die
Regierung die Vorschläge schluckt, sind sie de facto Gesetz – wenn sie
aufmuckt, werden sie zur Verhandlungsmasse geschlagen und im besten Fall
vielleicht sogar zurückgezogen.
Dass die Troika nicht zimperlich vorgeht, zeigt auch ein anderes Beispiel,
das am Montag publik wurde. Noch bevor die griechische Regierung ihr neues
Sparprogramm übergeben hatte, äußerten die „Men in Black“ bereits
Vorbehalte. Zwei deutsche Troika-Mitglieder, Matthias Mors für die EU und
Klaus Masuch für die EZB, sowie der Däne Poul Thomsen für den IWF forderten
konkrete Zahlen, wie viele Staatsbedienstete wann entlassen werden sollen.
Die „Men in Black“ fordern, dass 150.000 Staatsdiener gehen. Probleme gebe
es auch mit Kürzungen von rund 500 Millionen Euro im Ressort Verteidigung,
meldete die Nachrichtenagentur dpa aus Athen. Die Troika meine, Athen habe
Ausgaben nur auf die nächsten Jahre verschoben. Damit werde das Problem
nicht gelöst, sondern bald wieder auftauchen, habe ein Experte gesagt. Die
Maßnahmen, die die Troika als nicht sicher einstuft, werden auf zwei
Milliarden Euro geschätzt.
Die Gespräche sollen die ganze Woche weitergehen. Um die Troika gnädig zu
stimmen, hat die griechische Regierung ihr Plansoll übererfüllt und statt
der geforderten 11,5 Milliarden Euro Einsparvorschläge über 17 Milliarden
Euro gemacht. Sollten die internationalen Experten am Ende trotzdem den
Daumen senken und das Sparprogramm ablehnen, droht Griechenland die Pleite.
Eine Vorentscheidung dürfte beim nächsten EU-Gipfel Mitte Oktober fallen,
wenn der Troika-Bericht vorliegen soll.
10 Sep 2012
## AUTOREN
Eric Bonse
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