# taz.de -- Zeitungen für Kinder: Früh eingewöhnen | |
> „Kruschel“ heißt die erste Kinderzeitung Deutschlands. Auch Verlage aus | |
> anderen Ländern Europas setzen auf diesen Markt – allein aus | |
> Selbsterhaltungstrieb. | |
Bild: Schon früh heranführen: Kinder bei einer Infoveranstaltung der Johannes… | |
François Dufour ist in Frankreich ein bekannter Journalist, unter anderem | |
dank eines Buches über den Fall Dominique Strauss-Kahn. Ein Teil seines | |
Renommees rührt aber daher, dass er 1995 playBac Presse mitgegründet hat. | |
Der Verlag bringt „die einzigen altersspezifischen Tageszeitungen für | |
Kinder weltweit“ heraus. Dort erscheinen täglich drei Kinderzeitungen: Le | |
Petit Quotidien für die Sechs- bis Zehnjährigen, Mon Quotidien für die | |
etwas Älteren und L’Actu für Leser zwischen 14 und 17. Sie erreichen nach | |
Dufours Angaben täglich eine Gesamtauflage von 150.000 Exemplaren. | |
Fragt man ihn, warum Frankreich ein Vorzeigeland auf dem Gebiet der | |
Kinderzeitungen ist, sagt er, dass Verlegern anderswo der Mut fehle. Den | |
beweist neuerdings die Verlagsgruppe Rhein Main (VRM), in der unter anderem | |
die Allgemeine Zeitung aus Mainz und der Wiesbadener Kurier erscheinen. | |
Seit Mai bringt die VRM-Gruppe für 4,90 Euro im Abo Kruschel heraus, eine | |
Wochenzeitung für Kinder, benannt nach einem Monster, das der Zielgruppe | |
bereits von der samstäglichen Kinderseite in den VRM-Blättern bekannt ist. | |
Ausgerichtet vor allem auf Dritt- und Viertklässler, bereitet Kruschel die | |
wichtigsten Nachrichten der Woche auf. | |
Das ist ein Novum in Deutschland, denn zahlreiche Tageszeitungen haben zwar | |
Kinderseiten, und der Zeitschriftenmarkt (Geolino, National Geographic | |
Kids, Dein Spiegel) ist hart umkämpft, aber eine eigenständige Zeitung mit | |
Schwerpunkt News gab es bisher nicht. | |
## 2.200 Abos für Kruschel | |
„Großeltern und Eltern sind darum interessiert, dass Kinder lesen und auch | |
auf zielgruppengerechte Art mit Nachrichten versorgt werden“, sagt Eva | |
Fauth, die Projektleiterin von Kruschel. 2.200 Abonnenten hat die neue | |
Zeitung – das ist mehr als kalkuliert. Klingt nicht wie eine | |
wirtschaftliche Erfolgsgeschichte, aber darauf kommt es eh nicht an. Eine | |
Tageszeitung habe die Pflicht, heute die Leser von morgen zu versorgen, | |
sagt Fauth. | |
Inspiriert wurde Kruschel unter anderem durch den Erfolg der Kleinen | |
Kinderzeitung in Österreich. Der wöchentlicher Ableger der Kleinen Zeitung | |
ist wie die vergleichbaren Titel in den anderen Ländern nicht am Kiosk, | |
sondern nur im Abo erhältlich – und nur in den drei Bundesländern, in denen | |
auch das Mutterblatt verbreitet wird. | |
Worauf setzen die Kinderzeitungen inhaltlich? „Der Nahostkonflikt kommt | |
genauso vor wie die finanzielle Lage Griechenlands“, sagt Petra Prascsaics, | |
leitende Redakteurin der Kleinen Kinderzeitung. Ihre Maxime: „Sachlich | |
bleiben und den Kindern keine Angst machen.“ Fauth ergänzt: „Nur harte | |
Nachrichten funktionieren nicht.“ Rätsel und Witze muss es auch geben – wie | |
in den meisten Erwachsenenzeitungen. | |
Die playBac Presse lädt zweimal wöchentlich Kinder zu Redaktionskonferenzen | |
ein, um zu erfahren, was die Zielgruppe interessiert. Zu den renommierten | |
europäischen Kinderzeitungen gehört auch die britische First News. Der an | |
7- bis 14-Jährige gerichtete Titel, der seit 2006 wöchentlich erscheint, | |
gewann im April 2012 bei den britischen Newspaper Awards zwei Preise: für | |
die beste Wochenzeitung und für den besten Nischentitel. | |
Die Erfolge der Kinderzeitungen in Frankreich, Österreich und | |
Großbritannien sind für die gesamte Zeitungsbranche aufschlussreich, weil | |
sie ein Indiz dafür sind, dass eine prinzipiell Printzeitungs-affine | |
Lesergeneration nachwächst. Zumindest dann, wenn man die Affinität | |
rechtzeitig weckt. François Dufour formuliert es drastisch: „Die Jungen | |
nicht dran zu gewöhnen, täglich eine Zeitung zu lesen“, sei | |
„selbstmörderisch“. | |
19 Sep 2012 | |
## AUTOREN | |
René Martens | |
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