# taz.de -- Armuts- und Reichtumsbericht: Reich und reich gesellt sich gern | |
> Nein, nicht durchs Sparen, nicht durchs Lernen und auch nicht durchs | |
> Heiraten wird man reich. Die Eliten bleiben unter sich. | |
Bild: Imelda Marcos präsentiert ihre Schmuckkollektion. Hündchen Venus steht … | |
BERLIN taz | Die Mittelschicht glaubt an den eigenen Aufstieg, und diese | |
Hoffnung wird gern bedient. Ob Heftchenroman oder ZDF-Sonntagsfilm: Das | |
Happy-End ist stets das Gleiche. Ein armes Mädchen heiratet einen reichen | |
Erben, der auch ruhig adelig sein darf. „Aschenputtel“ war das | |
erfolgreichste Märchen aller Zeiten – und wird bis heute tausendfach | |
variiert. | |
Doch wie bei einem Märchen zu vermuten, ist es nur ein Traum. Im realen | |
Leben ist der Aufstieg durch Heirat verbaut. Stattdessen gilt das alte | |
Sprichwort „Gleich und gleich gesellt sich gern“. Inzwischen sind viele | |
soziologische Studien entstanden, die sich mit dem Paarverhalten der | |
Deutschen befassen. Heraus kommt immer wieder: Fast niemand heiratet unter | |
seinem Stand. | |
Eine Momentaufnahme bietet das Statistische Bundesamt: Im Jahr 2009 hatten | |
61 Prozent aller Paare den gleichen Bildungsabschluss. Bei 30 Prozent war | |
der Mann höher gebildet, bei 9 Prozent war es die Frau. | |
Aber nicht nur die Bildung der Partner ist ähnlich – auch ihr ökonomischer | |
Status gleicht sich. Kinder aus gutem Hause wählen mit hoher | |
Wahrscheinlichkeit einen Gatten, der ebenfalls wohlhabende Eltern hat. Der | |
Begriff „gute Partie“ mutet antiquiert an, und dennoch beschreibt er genau | |
die Ehen der Vermögenden. | |
## Stabiles Elite-Netzwerk | |
Was die Soziologen dabei besonders faszinierte: Dieses Netzwerk der Eliten | |
ist so stabil, dass selbst Bildungsversager einen betuchten Partner finden. | |
Dummheit rächt sich nicht, wenn die Eltern reich sind. | |
Natürlich ist der Mittelschicht nicht entgangen, dass es eher selten | |
gelingt, in ein Vermögen einzuheiraten. Also setzt man zunehmend auf | |
individuelle Karriereplanung, indem man massiv in die Bildung der eigenen | |
Kinder investiert. | |
Die Logik dahinter: Fast alle DAX-Manager haben einen | |
Universitätsabschluss, meist in Jura oder Betriebswirtschaft. Daraus | |
folgert die Mittelschicht, dass es nur eines guten Jura-Abschlusses bedarf, | |
damit das eigene Kind zum Konzernchef aufsteigt. | |
Doch dies ist ein Fehlschluss. Zwar ist eine gute Ausbildung nötig, um | |
Manager zu werden, doch entscheidend ist die richtige Herkunft. Der | |
Soziologe Michael Hartmann hat untersucht, aus welchen Elternhäusern die | |
DAX-Chefs stammen: Sie gehören einer kleinen Oberschicht an, die nur 3,6 | |
Prozent der Bevölkerung umfasst. | |
Fazit: Wer reich sein will, sollte sich als Baby die richtigen Eltern | |
aussuchen. | |
18 Sep 2012 | |
## AUTOREN | |
Ulrike Herrmann | |
## TAGS | |
taz.gazete | |
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