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# taz.de -- Kommentar Kohl: Die Kohl-Merkel-Festspiele
> Für die Seele der Union: Der Rummel um Altkanzler Helmut Kohl soll die
> zerstrittenen Truppen der Christdemokraten einen.
Bild: Abbild und Original: Helmut Kohl.
Wann gab es schon mal zum 30. Jahrestag der Amtsübernahme eines
Bundeskanzlers einen solchen Rummel? Eine mehr als tausendseitige Biografie
würdigt Helmut Kohl. Der 82-Jährige besucht zum ersten Mal seit zehn Jahren
die Unionsfraktion, und fast alle Medien machen den Kurzauftritt zum
Aufmacher.
Am Donnerstag war der Höhepunkt der Festlichkeiten zum 1. Oktober erreicht:
die große Kohl-Feier im Deutschen Historischen Museum zu Berlin. Der
Exkanzler wird die mehr als zwei Stunden dauernden Lobeshymnen genossen
haben. Mehr nutzt dies alles aber der amtierenden Kanzlerin.
Angela Merkel ist Pathos fremd. Ihre Nüchternheit ist nicht gespielt,
sondern Charaktereigenschaft. Sie weiß aber um die Sehnsucht in ihrer
Partei und der Bevölkerung nach emotionalen Erklärungen von Politik und
Geschichte: Warum sollen wir den Euro nicht einfach hinschmeißen? War
früher doch alles besser?
Da ist es praktisch, einen Jahrestag zu haben, an dem sie Helmut Kohl ehren
kann. Kohls Emotionalität, ja, seine schlichte Anwesenheit, sollen der
Nüchternheit der Kanzlerin einen tieferen Sinn geben. Die Botschaft:
Merkel, die Erbin Kohls, wird dessen europäischen Traum fortführen.
Das ist alles recht pathetisch, aber es schmeichelt der Seele einer Partei,
die nach sieben Jahren Merkel-Kanzlerschaft kaum noch etwas hat, wodurch
sie sich definieren kann. Deshalb ist es kein Zufall, dass die besagte
Kohl-Biografie – entstanden mit freundlicher Unterstützung der
Konrad-Adenauer-Stiftung - gerade jetzt erscheint. Auch die 30-Jahr-Feier
war eine Idee der CDU-nahen Stiftung.
Natürlich begeht die Union den 30. Jahrestag von Kohls Amtsantritt auch
deshalb so groß, weil der Jubilar ein schwer kranker Mann ist. Aber
mindestens ebenso wichtig ist, dass das Jubiläum ein Jahr vor der nächsten
Bundestagswahl liegt. Merkel will die eigenen Truppen hinter sich vereinen.
Auch, um den selbst erklärten Konservativen in der Union, die seit langem
über die Chefin murren, rechtzeitig den Mund zu stopfen.
Noch ist unklar, ob Merkels Versuch, sich als Erbin des großen Alten zu
präsentieren, verfängt. In Kohls kurzer Ansprache kam das Wort „Merkel“
nicht vor.
28 Sep 2012
## AUTOREN
Matthias Lohre
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