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# taz.de -- Angriff auf Flüchtlingsunterkunft: Das griechische Lichtenhagen
> In Nordgriechenland demonstrierten aufgebrachte Anwohner gegen die
> Einrichtung eines Flüchtlingslagers. Es kam zu Zusammenstößen mit der
> Polizei.
Bild: Ausschreitungen in Paranesti gegen ein Internierungslager für Flüchtlin…
ATHEN taz | Die Planung und Durchführung der Operation wurde geheim
gehalten: Hundertfünfzig Flüchtlinge und andere Migranten brachte die
griechische Polizei am vergangenen Wochenende ins grenznahe Örtchen
Paranesti im äußersten Nordosten des Landes. Sie wurden in einer
leerstehenden Kaserne untergebracht, die ab sofort als Internierungslager
nutzbar gemacht werden soll- sehr zum Missfallen der anwohnenden
Bevölkerung.
Ihre Reaktion ließ nicht lange auf sich warten. Am Montagabend
demonstrierten über hundert aufgebrachte Menschen, sowie zahlreiche
Schläger rechtsradikaler Gruppen gegen die Einrichtung des Lagers.
Steinwerfende Anwohner versuchten, das Gelände zu stürmen. Am späten Abend
fielen sogar Schüsse: Ein frustrierter Demonstrant schoss mit seinem
Jagdgewehr zwei Mal in die Luft, bevor er von seinen Verwandten entwaffnet
werden konnte. Die Polizei setzte Tränengas ein, um die Menge
zurückzudrängen, dabei wurden mindestens drei Menschen verletzt.
Sechs Männer wurden verhaftet und wegen gefährlicher Körperverletzung oder
Hausfriedenbruchs angeklagt. Unter den mutmaßlichen Tätern befindet sich
nach Polizeiangaben auch ein in der Region lebender Albaner, der gegen die
Welle der neuankommenden Migranten protestierte.
## Vollendete Tatsachen
Der Bürgermeister von Paranesti Nikos Kagialoglou sprach sich gegen die
Einrichtung des Internierungslagers in seiner Stadt aus. „Es kann doch
nicht sein, dass ein solches Lager in der Nähe von Schulen oder
Wohngebieten eröffnet wird“ klagte er im griechischen Staatsfernsehen.
Besonders erbost war Kagialoglou, weil er nach eigenen Angaben davon gar
nichts musste, sondern einfach vor vollendete Tatsachen gestellt wurde,
genauso wie alle anderen Bürger von Paranesti. „Die Leute haben mich
angegriffen, zu Hause werde ich mit Telefondrohungen überhäuft, man will
einfach nicht glauben, dass der Bürgermeister gar keine Ahnung hatte“ klagt
Kagialoglou.
Die Regierung will standhaft bleiben. „Alle wollen, dass wir
Internierungslager einrichten, aber niemand will sie vor der eigenen
Haustür haben“ empörte sich Adonis Georgiadis, einst Abgeordneter der
rechtspopulistischen Gruppierung LAOS, der mittlerweile für die
konservative Regierungspartei im Parlament sitzt. Und er fügte hinzu:
„Damit Gerechtigkeit herrscht, werden wir eben überall solche Lager
errichten“.
Bereits im März erklärte die Regierung ihre Absicht, in stillgelegten
Kasernen Internierungslager für insgesamt 30.000 Flüchtlinge errichten-
mitfinanziert von der EU. Nichtregierungsorganisationen kritisieren den
Umgang Griechenlands mit Flüchtlingen und Asylbewerber.
Justizminister Nikos Dendias sieht sich dennoch auf der richtigen Spur: Die
Regierungspolitik habe Früchte getragen, über 2.000 „illegale Einwanderer“
hätten das Land seit diesem Sommer verlassen, erklärte Dendias am Dienstag
in der Hafenstadt Patras.
2 Oct 2012
## AUTOREN
Jannis Papadimitriou
## TAGS
Schwerpunkt Rostock-Lichtenhagen
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