# taz.de -- Kolumne Wortklauberei: Sicher vor der Zukunft | |
> Findet es Gott eigentlich witzig, wenn man sich gänzlich ungeplant die | |
> Birne am nachts geöffneten Fenster anhaut? | |
Bild: Draußen grölen die Hirsche, drinnen raschelt die Maus. | |
Wenn du Gott zum Lachen bringen willst, heißt es ja immer, dann mache einen | |
Plan. Aber vielleicht mag Gott ja auch mal über was Handfestes lachen und | |
nicht nur ätzend feixen drüber, wie wir uns hier den Arsch aufreißen und er | |
uns alle jederzeit gepflegt auflaufen lassen kann, witzig, echt; jetzt ist | |
zum Beispiel gerade mal wieder „Rentendiskussion“, und Gott schmeißt sich | |
wahrscheinlich weg über uns Prolls, aber Herrgott, was sollen wir denn | |
machen? | |
Ständig liegt uns irgendwer in den Ohren, hier vorsorgen, „zukunftssicher“ | |
machen dort, dabei ist natürlich niemand sicher vor der Zukunft, da wären | |
wir jetzt ohne Gott auch noch drauf gekommen. | |
Aber es hilft mir auch nicht richtig weiter zu wissen, dass ich von meinem | |
nicht vorhandenen Geld noch soundsoviel in die Rentenkassen buttere und | |
sich darüber außer der von der Leyen auch noch Gott totlacht. | |
Und der Mann in der Deutsche-Bank-Werbung sagt, er möchte seinen Kindern | |
„ein Haus hinterlassen und keine Finanzierung“, dabei sollte er erst mal | |
überlegen, mit welchen Typen er da Geschäfte macht, karmatechnisch ist das | |
jetzt auch nicht gerade eine Investition in die Zukunft mit der Deutschen | |
Bank, und in 15 Jahren sind seine Nachkommen von ihm entfremdet und sagen | |
„hau mir ab mit deinem blöden Haus“, und dann zerstreiten sich die | |
Geschwister über die nächsten sieben Generationen hinweg wegen seinem | |
blöden Haus. | |
## Brachial-Slapstick | |
Jedenfalls wäre es interessant, ob Gott auch ein bisschen hat lachen können | |
über den Brachial-Slapstick, den ich gerade aufgeführt habe, und niemand | |
hat’s gesehen außer ihm, falls er da war beziehungsweise ist. | |
Ich hatte mich hier in der Berghütte auf der Eckbank zur Nacht gebettet, | |
unter dem offenen Fenster, wie ich es romantischerweise schätze, mit | |
tatsächlich rustikal röhrenden Hirschen in der Ferne. Und ich weiß nicht, | |
wo ich grad schon war, im Zweifelsfall R.E.M., eine der meistüberschätzten | |
Schlafphasen der Welt, als aus dem Kämmerlein, in dem das Weib mit dem | |
Kinde ruht, in einem dringlichen Flüsterton mein Name gerufen wurde. | |
Der Ruf schnippte mich förmlich aus dem Schlaf, noch bevor mein Hirn | |
anknipste, schnellte schon mein Oberkörper nachgerade drahtig nach oben. | |
Dabei schlug ich mit der mutmaßlich noch schlummernden Kopfoberseite so | |
hart gegen die Unterkante des über mir offenstehenden Fensterflügels, dass | |
dieser aus den Angeln gehoben wurde und schräg kippend über mich fiel, | |
wobei er mir noch einmal auf die bereits peinlich tangierte Birne krachte. | |
Wie frisch überfallen stolperte ich in die Kammer, um mich der Frage zu | |
stellen, ob ich das sei, der diese komischen Geräusche mache. Ich tastete | |
nach meiner zweifellos klaffenden Kopfwunde und erklärte, mitnichten, die | |
Geräusche kämen vom Geld, das arbeitet, sowie den Mäusen. | |
Draußen grölen die Hirsche, drinnen raschelt die Maus. Bald dämmert der | |
Einheitstag (den hatte vor 23 Jahren übrigens keiner in der Planung), und | |
wenn die Tochter wach ist, geht’s den halben Vormittag wieder rund mit Bobo | |
Siebenschläfer, ein wahrhaft gottgefälliger Held im Hosenscheißeralter – | |
entspannt im Hier und Jetzt. | |
4 Oct 2012 | |
## AUTOREN | |
Josef Winkler | |
## TAGS | |
Pharmaindustrie | |
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