# taz.de -- 50 Jahre James Bond: Der feine Unterschied | |
> Die Frauen in den Bond-Filmen sind seit jeher sexy. Seit 2006 haben die | |
> hübschen Lebensabschnittsgefährten James Bonds auch etwas zu sagen. | |
Bild: Eva Green und Daniel Craig mögen es feucht in „Casino Royale“ 2006. | |
BERLIN taz | Sie sind blond, brünett, lang- oder kurzhaarig, weiß, schwarz, | |
asiatisch, egal. Aber eines haben sie alle gemeinsam: Sie sagen nie die | |
ganze Wahrheit, sie sind irgendwie mit dem Feind verbandelt, also | |
gefährlich. Und sie sehen atemberaubend gut im Bikini aus. Als Honey Rider | |
(Ursula Andress) 1962 zum ersten Mal den Wellen entstieg, um Sean Connery | |
in die Arme zu laufen, setzte sie Maßstäbe. | |
Die Bond-Girls sind genauso wie 007 selbst eine Institution. Es sind | |
weniger Mädchen als gestandene, sexuell aktive Frauen, die weder vor Mord | |
noch Verrat zurückschrecken, die ihre eigene Agenda verfolgen und sich | |
scheinbar mühelos in der Welt des Luxus und des Bösen bewegen. | |
Sie sind das Gegenmodell zum Heimchen am Herd und damit der Traum des | |
Mannes, der täglich zwischen Familie und Büro pendelt. Denn bei aller | |
verstörenden und betörenden Macht, die sie ausstrahlen, im Bett des | |
Superagenten werden sie wieder zum Mädchen. | |
Sie sind also beherrschbar, aller verführerischen Provokation zum Trotz, | |
zuguterletzt siegt der Phallus. Darauf können sich die ZuschauerInnen | |
verlassen. Entsprechend sterben die glamourösen Heldinnen am Ende eines | |
jeden Bond-Films und das seit 50 Jahren. Überleben bleibt das Privileg von | |
Bond, dem angstfreien Mann im Staatsdienst. Auch er – frei nach Lacan – ist | |
nicht im Besitz des Phallus, auch er ist gefährdet in einer symbolischen | |
Ordnung, die weiße heterosexuelle Männlichkeit gleichwohl privilegiert, | |
auch er muss unendlich viel einstecken. | |
## Nachrichten aus dem Herzen des emotional tief verletzten Mannes | |
Doch er hat die tollsten Autos und einen Penis, mit dem er umzugehen | |
versteht. Das ist der kleine, feine Unterschied. Während also ein und | |
derselbe Superagent über Jahre hinweg die Welt rettet, bevor ein jüngerer, | |
gleichfalls blendend aussehender Mann ihn ablöst, blieben die fantastischen | |
Frauen des Superangestellten Euer Majestät stets eine Episode im Leben des | |
weltberühmten Smokingträgers. | |
Seit 2006 ist das anders. Seit „Casino Royale“ mit Daniel Craig in der | |
Hauptrolle ist sowieso vieles anders an der Geschlechterfront eines der | |
beliebtesten westlichen Märchen der Nachkriegszeit. Seit 2006 gibt es die | |
große Liebe (Eva Green) des James B., die zwar auch sterben muss, aber | |
immerhin posthum im Herzen des emotional tief verletzten Mannes weiterlebt. | |
Natürlich gibt es seit 17 Jahren noch eine ganz andere Frau im Leben von | |
007 – seine Chefin, genial gespielt von Judi Dench. Und die strenge, über | |
den Sexappeal von Bond erhabene Dench bleibt, sie stirbt einfach nicht. | |
Auch in „Skyfall“ wird sie die Aufträge vergeben, wird Bond gegen sie | |
aufbegehren, wird die Oberchefin den renitenten und nicht immer klugen Mann | |
zuguterletzt retten müssen. | |
Der James Bond des neuen Jahrtausends hat mit einigen Traditionen | |
gebrochen, das mit dem Martini ist dabei noch die kleinste. Viel | |
gravierender für die Story: Die Geschlechterdifferenz ist durchlässig | |
geworden. | |
So steigt 007 in „Casino Royale“ selbst aus den Fluten, seinen gestählten | |
Oberkörper zur Schau stellend, genauso wie seine Segelohren. Er ist | |
knallharter Kämpfer, verletzbarer Liebhaber, Frauenheld und Sexobjekt | |
zugleich. Bond, James Bond, verkörpert im 21. Jahrhundert auch den Traum | |
der kleinen Angestellten. Aus dem Märchen für Männer ist ein Märchen für | |
Männer und Frauen geworden. Zumindest, solange sie weiß und hetero sind. | |
5 Oct 2012 | |
## AUTOREN | |
Ines Kappert | |
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