| # taz.de -- Urteil in der NDR-Drehbuchaffäre: Ende ohne Schrecken | |
| > Bewährungsstrafe für die Ex-Filmchefin des NDR, Doris Heinze. Sie hatte | |
| > ihrem Sender unter Pseudonym geschriebene Drehbücher verkauft. | |
| Bild: Nicht erfreut: Doris Heinze mit ihrem Anwalt vor dem Hamburger Landgerich… | |
| HAMBURG taz | Kurz bevor das Urteil gegen die ehemalige | |
| NDR-Fernsehspielchefin Doris Heinze verkündet wird, ist es, als habe jemand | |
| auf die Pausetaste gedrückt. Gleich wird der Vorsitzende Richter Volker | |
| Bruns das Wort ergreifen und fast zweieinhalb Stunden am Stück in einem | |
| irren Tempo das Urteil begründen. Aber erst mal stehen die | |
| Verfahrensbeteiligten und die Zuschauer im Verhandlungssaal des Hamburger | |
| Landgerichts einen gedehnten Moment lang stumm da. Muss die einst | |
| mächtigste Frau des fiktionalen NDR-Unterhaltungsprogramms ins Gefängnis? | |
| Drei Jahre Freiheitsstrafe hatte die Staatsanwaltschaft vergangene Woche in | |
| ihrem Plädoyer gefordert, Heinzes Verteidiger wollte sieben Monate auf | |
| Bewährung. Das Urteil liegt in der Mitte. Heinze wird wegen Bestechlichkeit | |
| und Untreue zu einer Freiheitsstrafe von einem Jahr und zehn Monaten | |
| verurteilt, die Strafe zur Bewährung ausgesetzt. Das Gericht sieht es als | |
| erwiesen an, dass die 63-Jährige mehrere Drehbücher von sich und ihrem Mann | |
| Claus Strobel unter den Pseudonymen „Marie Funder“ und „Niklas Becker“ … | |
| den NDR eingeschleust hatte. Strobel und die mitangeklagte Filmproduzentin | |
| Heike Richter-Karst erhielten Geldstrafen. | |
| Seit Anfang Juli läuft der Prozess, und Heinze hatte in der zuweilen zähen | |
| Verhandlung zugegeben, Pseudonyme benutzt und ihre einflussreiche Position | |
| im Sender ausgenutzt zu haben. In der vergangenen Woche wies sie in ihrem | |
| Schlusswort unter Tränen von sich, jemals bestechlich gewesen zu sein. Um | |
| Geld sei es ihr nie gegangen, aber sie habe auch die juristische Tragweite | |
| nicht gesehen und sprach von einem „irre großen Fehler“. | |
| In dem Gerichtsverfahren ging es vor allem um zwei Fragen: Haben die drei | |
| Angeklagten sich gegenseitig Vorteile verschafft? Und haben sie sich | |
| gegenseitig auf Kosten ihres Arbeitgebers bereichert - oder wie die | |
| Staatsanwaltschaft es in ihrem Plädoyer nannte - ein „System der | |
| Selbstbedienung auf Kosten der Gebührenzahler“ geschaffen. Sich gegenseitig | |
| Aufträge zugeschoben: Ja. Ein System der Selbstbedienung auf Kosten der | |
| Gebührenzahler geschaffen: Nein. So lässt sich das Hamburger Urteil kurz | |
| zusammenfassen. | |
| ## Die treibende Kraft | |
| Heinze sei die treibende Kraft hinter dem Ganzen gewesen und habe als | |
| leitende Redakteurin bei einem öffentlich-rechtlichen Sender außerdem eine | |
| besondere Verantwortung, sagte Bruns. | |
| Nach einem Grundsatzurteil des Bundesgerichtshofs gelten verantwortliche | |
| Redakteure von ARD, ZDF und Deutschlandradio als sogenannte Amtsträger und | |
| können ebenso wie Beamte wegen Bestechlichkeit bestraft werden. In diesem | |
| Fall wurden zwar keine Umschläge mit Geld über den Tisch geschoben, keine | |
| unfähigen Autoren beschäftigt oder schlechte Filmstoffe durchgewunken, | |
| sagte Bruns. Das ändere aber nichts daran, dass Heinze sich pflichtwidrig | |
| verhalten habe. Die Kungelei wäre nur schneller aufgefallen, wenn Heinze | |
| die Aufträge unfähigen Autoren zugeschustert hätte. | |
| Die Drehbuchaffäre wurde bereits vor drei Jahren aufgedeckt. Heinze wurde | |
| damals fristlos gekündigt und musste Schadenersatz an den NDR zahlen. Ob | |
| das Kapitel nun abgeschlossen ist, liegt bei Staatsanwaltschaft und | |
| Verteidigung. Es steht ihnen offen, in Revision zu gehen. | |
| 8 Oct 2012 | |
| ## AUTOREN | |
| Ilka Kreutzträger | |
| ## TAGS | |
| NDR | |
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