# taz.de -- IWF-Prognose zur Weltwirtschaft: In die Rezession geknausert | |
> Die Auswirkungen des eigenen Spardiktats auf das globale | |
> Wirtschaftswachstum verunsichern den IWF. Die eigenen Prognosen gehen | |
> immer weiter in den Keller. | |
Bild: Schön wär's... | |
TOKIO/BERLIN taz | Ein wenig Ungeduld schimmerte durch, als die Experten | |
des Internationalen Währungsfonds (IWF) am Dienstag im Vorfeld der | |
Jahrestagung von IWF und Weltbank in Tokio ihren „Global Economic Outlook“ | |
vorstellten. | |
Die Kurzfassung: Wenn es in der Eurozone weitergeht wie bisher, werden die | |
Regierungen das Vertrauen in ihre Politik nie zurückgewinnen und die | |
Weltwirtschaft wird sich nicht erholen. Es gab aber auch Selbstkritik: Man | |
habe unterschätzt, wie stark die Kürzungen der öffentlichen Ausgaben das | |
Wachstum hemmen. | |
Unklar blieb, ob der IWF aus dieser Erkenntnis auch Konsequenzen ziehen | |
will. Schließlich sind solche Sparmaßnahmen ein wichtiger Teil der | |
Auflagen, mit denen er seine Hilfen – etwa auch in den Euro-Krisenstaaten – | |
grundsätzlich verbindet. | |
Im Outlook heißt es nun, dass „mehrere EU-Kernstaaten“ ihre Haushaltsziele | |
in den nächsten Jahren nicht erreichen werden. Dazu zähle Spanien, dessen | |
Haushaltsloch 2013 auf 5,7 Prozent der Wirtschaftsleistung steigen wird, | |
deutlich mehr als die angestrebten 4,5 Prozent. | |
## Alles zusammen geht nicht | |
Die Forderung der Autoren: Konjunktur ankurbeln, Haushalt sanieren, | |
Wettbewerbsfähigkeit erhöhen. Dabei ist offenbar auch IWF-Chefökonom | |
Olivier Blanchard klar, dass alles zusammen irgendwie nicht geht: „Die | |
Konsolidierung der Haushalte belastet die Nachfrage, was die fiskalischen | |
Probleme multipliziert.“ Die Krise bekomme man nicht mit Einzelmaßnahmen in | |
den Griff, man brauche „ein komplexes Puzzle“ von Initiativen. | |
Nach den Projektionen des IWF wird die Weltwirtschaft 2013 nur um 3,6 | |
Prozent wachsen, 3,9 Prozent hatte er noch im Juli vorhergesagt. | |
Konjunkturantreiber seien die USA mit einer Steigerung von 2,1 Prozent und | |
China mit einem Plus von 8,2 Prozent. Die Eurozone soll 2013 um 0,2 Prozent | |
zulegen. | |
Für Deutschland sagt der IWF nur noch ein Wachstum von 0,9 Prozent voraus, | |
ein Drittel weniger als bei seiner letzten Prognose. Zur Begründung führten | |
die Experten an, die Bundesregierung habe ihre Hausaufgaben nicht gemacht | |
und setze trotz der Krisen in den Absatzmärkten weiterhin einseitig auf | |
Exporte. Schon mehrfach hatten sie Maßnahmen gegen die hohen deutschen | |
Handelsüberschüsse im Euroraum angemahnt. | |
## Bankenunion und gemeinsame Haushaltspolitik | |
Auch die revidierte Prognose des IWF ist mit Vorsicht zu betrachten. Denn | |
sie beruht auf der Annahme, dass die europäischen Regierungen diesmal aber | |
wirklich Ernst machen und nach dem Rettungsschirm ESM nun die Bankenunion | |
und die gemeinsame Haushaltspolitik voranbringen. | |
Überhaupt, sagte Blanchard, könne es „wegen der allgemeinen Unsicherheit an | |
den Märkten auch unvorhergesehene Entwicklungen“ geben, die jede Prognose | |
ungültig machten. Grundsätzlich ist es nach Ansicht des Fonds | |
wahrscheinlicher geworden, dass die Weltwirtschaft in eine neue Rezession | |
verfällt – die Chancen stünden aber bei eins zu sechs. | |
Neue Entscheidungen im Kampf gegen die Schuldenkrise sind von dem | |
weltgrößten Finanztreffen, das am Donnerstag offiziell beginnt und bis zum | |
Wochenende dauert, nicht zu erwarten. Die Finanzminister der größten 20 | |
Industriestaaten essen nur einmal abends zusammen und beraten sich erst | |
Anfang November in Mexiko. | |
9 Oct 2012 | |
## AUTOREN | |
M. Fritz | |
B. Willms | |
## ARTIKEL ZUM THEMA | |
Wachstumsprognose für 2013: Bundesregierung senkt Erwartungen | |
Die Bundesregierung hat die Wachstumsprognose für das kommende Jahr | |
gesenkt. Sie rechnet 2013 mit einem Anstieg des Bruttoinlandsprodukts (BIP) | |
um 1 Prozent. | |
Kritik am „deutschen Wirtschaftswunder“: Mehr, aber für alle | |
Das deutsche Wirtschaftsmodell hat viel zu hohe soziale und ökologische | |
Kosten. Zwei Ökonomen wollen das ändern und bleiben in einer Studie vage. | |
Krise vernichtet mehr und mehr Jobs: 7 Millionen werden 2013 arbeitslos | |
Laut einer UN-Schätzung werden die Auswirkungen der Krise auf den | |
Arbeitsmarkt größer ausfallen als bisher erwartet. ILO-Chef Ryders warnt | |
vor einem „sozialem Sumpf“. | |
Ratingagentur senkt Kreditwürdigkeit: Spanien kurz vor Verramschung | |
Die Ratingagentur Standard & Poors wertet Spanien um zwei Stufen ab. Das | |
Mittelmeerland steht damit kurz vor dem Ramschstatus. | |
Jahrestagung des IWF: Der Kredit klemmt | |
In Tokio treffen sich die Finanzminister und Notenbankchefs des IWF. | |
Hauptthemen der Tagung sind Krise, Kredite und fiskalischer | |
Vertrauensverlust. | |
Troika uneins über Griechenlandkurs: Die Retter streiten und drohen | |
Die Eurogruppe fordert die Umsetzung aller Griechenland-Reformen in einer | |
Woche. Der IWF zweifelt mittlerweile am totalen Spardiktat. | |
Kommentar IWF-Prognose: Selbst verschuldet in Not geraten | |
Es geht weltweit bergab. Zu diesem Schluss kommt der Internationale | |
Währungsfonds in seiner Prognose. Das gilt auch für die exportabhängige | |
deutsche Wirtschaft. | |
IWF senkt Prognose für Deutschland: Es kommt das marginale Wachstum | |
Der Internationale Währungsfond hat seine Konjunkturprognose für | |
Deutschland nach unten korrigiert. Weitere Strukturreformen seien nötig, | |
sagt der IWF. | |
Massenproteste in Frankreich: Rote Fahnen gegen Realpolitik | |
Sparhaushalt 2013, angestrebte Ratifizierung des EU-Fiskalpakts: Der | |
sozialistische Präsident Hollande gerät unter Druck des eigenen Lagers. | |
Kommentar Generalstreik Griechenland: An der Schmerzgrenze | |
Ohne Wenn und Aber besteht die Troika diesmal auf Sparmaßnahmen der | |
griechischen Regierung. Die sozialen Folgen werden als zweitrangig | |
eingestuft. |