# taz.de -- Kommentar Generalstreik Griechenland: An der Schmerzgrenze | |
> Ohne Wenn und Aber besteht die Troika diesmal auf Sparmaßnahmen der | |
> griechischen Regierung. Die sozialen Folgen werden als zweitrangig | |
> eingestuft. | |
Bild: Auch eine Meinung zu EZB, EU und IWF und ihren Rettungsplänen. | |
Die griechische Regierung steht wieder einmal am Scheideweg: Ihrem neuen | |
Sparpaket in Höhe von 11,5 Milliarden Euro, das als Mindestvoraussetzung | |
für die Auszahlung der nächsten Kredittranche für Griechenland gilt, wird | |
überall mit Misstrauen begegnet. | |
Die Gewerkschaften [1][protestieren lautstark dagegen], ausländische Medien | |
vermuten neue Finanzierungslücken in Zig-Milliarden-Höhe, und die aus EU, | |
IWF und EZB bestehende „Troika“ hat nicht vergessen, dass in der | |
Vergangenheit griechische Regierungsvertreter zahlreiche Sparversprechen | |
abgaben, die sie nicht einhalten konnten. | |
Bekämpfung der Steuerhinterziehung? Diese Zusicherung gab es schon vor zwei | |
Jahren, aber sie hat nicht viel gebracht. Besteuerung der Reichen? Früher | |
oder später hat man gemerkt, was man ohnehin hätte wissen sollen, nämlich | |
dass die wirklich reichen Griechen ihre Geschäfte im Ausland tätigen – | |
sonst wären sie ja gar nicht reich – und somit ihren Steuersitz außerhalb | |
des Landes haben. | |
Privatisierungen in Milliardenhöhe? Bereits 2010 hat der damalige | |
sozialistische Ministerpräsident Giorgos Papandreou 50 Milliarden Euro aus | |
dem Verkauf von Staatsvermögen in Aussicht gestellt, aber daraus ist | |
praktisch nichts geworden. | |
Und weil es so ist, besteht die Troika diesmal ohne Wenn und Aber auf | |
Sparmaßnahmen mit einem „geringen Realisierungsrisiko“, wie es so schön | |
heißt im EU-Beamtenjargon. Mit anderen Worten: Gehalts- und Rentenkürzungen | |
im öffentlichen Dienst müssen her, denn die Beamten können ihr Einkommen | |
weder verstecken noch kleinrechnen. | |
Aus makroökonomischer Sicht mögen diese Einkommenskürzungen durchaus | |
verständlich sein, doch für die Menschen in Griechenland ist schon längst | |
eine Schmerzgrenze erreicht. Um nur ein Beispiel zu nennen: Ein Lehrer und | |
Familienvater, der nach zehn Jahren im Dienst mit 900 Euro monatlich | |
auskommen und davon auch noch seine Familie ernähren oder sein Haus | |
abbezahlen muss, fühlt sich um sein Leben betrogen oder wird in die | |
Schwarzarbeit getrieben. | |
Kann das der griechischen Regierung oder der Troika egal sein? Offenbar ist | |
das nicht ganz nebensächlich, wird aber trotzdem als zweitrangig | |
eingestuft. Was zählt, ist vor allem eins: dass die Zahlen dem Schein nach | |
stimmen und dass das nächste Sparpaket in Höhe von 11,5 Milliarden Euro | |
pünktlich verabschiedet wird. | |
26 Sep 2012 | |
## LINKS | |
[1] /Generalstreik-in-Griechenland/!102405/ | |
## AUTOREN | |
Jannis Papadimitriou | |
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