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# taz.de -- Nach dem Besuch Merkels in Athen: Gekommen um zu nehmen
> Angela Merkels Blitzbesuch in Griechenland wird dort sehr unterschiedlich
> kommentiert. Von Hoffnung ist genauso oft die Rede wie von Erpressung.
Bild: Was soll man davon halten? In Griechenland herrscht Uneinigkeit über die…
ATHEN taz | „Sie kam, sah und versprach“, titelt die auflagenstärkste
Athener Zeitung TA NEA am Mittwoch über den Besuch der Kanzlerin in
Griechenland. Was soll Angela Merkel genau versprochen haben?
Nach Informationen der linksliberalen Zeitung setzte sich die Kanzlerin für
die zügige Auszahlung der nächsten Tranche in Höhe von 31,5 Milliarden Euro
aus dem laufenden Rettungspaket für Griechenland und äußerte sich zudem
positiv über das Anliegen der Athener Koalitionsregierung, die Schulden um
bis zu vier Jahre zu strecken, damit Griechenland mehr Zeit für deren
Auszahlung bekommt.
In der Öffentlichkeit und während ihrer gemeinsamen Pressekonferenz mit dem
griechischen Ministerpräsidenten Antonis Samaras blieb Angela Merkel
jedenfalls reserviert und ließ sich auf keinerlei Zusagen ein.
Als die Frage zum Verbleib Griechenlands in der Eurozone kam, erwiderte die
Kanzlerin dienstlich seriös, sie würde sich „wünschen und hoffen“, dass
Griechenland im Euro bleibt. Das irritiert manche griechischen
Kommentatoren, die sich eine deutlichere Stellungnahme in dieser Richtung
wünschten und auch erwartet haben.
## An der Seite Griechenlands
Die rechtskonservative Tageszeitung Dimokratia geht sogar einen Schritt
weiter: „Warum ist sie (überhaupt) gekommen?“ titelt das Blatt und fügt
hinzu: „Nicht mal ein halbes Wort der Sympathie für die erbrachten Opfer
der Griechen, keine Zusage für den Verbleib des Landes im Euro“. Andere
konservative Blätter sehen das indes anders: „Der Besuch von Merkel hat
Hoffnungen gemacht“ titelt die größte nordgriechische Tageszeitung
Makedonia. Das regierungstreue Blatt Adesmevtos Typos sieht sogar „Merkel
an der Seite Griechenlands“.
„Der Besuch von Merkel wird wohl zum Bumerang für Antonis Samaras, denn die
deutsche Kanzlerin kam nach Athen um zu nehmen und nicht um zu geben“
kommentiert die linke Oppositionszeitung Avgi. Auf ihrem Titelblatt: ein
gemeinsames Foto vom Oppositionsführer Alexis Tsipras mit dem Chef der
deutschen Linkspartei Bernd Riexinger.
Die beiden nahmen an einer Protestkundgebung der griechischen Linkspartei
am Dienstagnachmittag vor dem griechischen Parlament teil. „Die beiden
führenden Politiker stehen für die Solidarität zwischen den Völkern, die
sich nicht gegenüberstehen, sondern gemeinsam gegen die Politik von Merkel
und gegen die Sparprogramme in Europa kämpfen“ heißt es dazu.
## Zu den Deutschen sprechen
Warum die Kanzlerin betont sachlich und zurückhaltend geblieben ist, obwohl
sich doch die Gelegenheit geboten hatte, den griechischen Gastgebern viel
freundlicher auf die Schulter zu klopfen, versuchte der konservative
Abgeordnete Miltiadis Varvitsiotis am Mittwochmorgen im TV-Sender SKAI zu
erklären: „Frau Merkel kam nicht hierher, um zu den Griechen zu sprechen.
Sie wollte von Griechenland aus zu den Deutschen sprechen“.
Die Reise der Kanzlerin sei jedenfalls ein Erfolg- allein schon deswegen,
weil sie die unausgesprochene internationale Isolierung Griechenlands seit
Ausbruch der Schuldenkrise beende, sagte der Athener Politiker, der auch
Vorsitzender des Außenausschusses im griechischen Parlament ist.
Dagegen glaubt der linke Oppositionsabgeordneter Giorgos Varemenos, die
Bemerkung von Angela Merkel, sie „wünsche sich“ den Verbleib Griechenlands
in der Eurozone, sei in Wirklichkeit eine versteckte Erpressung: „Es ist
doch so, als ob sie uns sagen würde: Entweder ihr tut was ich sage, oder
ihr fliegt raus“ empörte sich der Politiker der „Radikalen Linken“.
10 Oct 2012
## AUTOREN
Jannis Papadimitriou
## TAGS
Griechenland
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