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# taz.de -- Doping im Radsport: Armstrong nennt es liebevoll „Po“
> Das Kartell der Trickser: 1.000 Seiten Belastungsmaterial liegen gegen
> den siebenmaligen Tour-de-France-Sieger Armstrong und viele seiner
> Kollegen vor.
Bild: Lance Armstrong, beleidigte Leberwurst.
BERLIN dpa/taz | Sie benutzten niedliche Begriffe für die Drogen. Das
Blutdopingmittel Epo hieß im Team von Lance Armstrong manchmal „Po“, und
Wachstumshormone nannten sie „Giaca“.
Die Medikamente waren ihnen so vertraut wie Grundnahrungsmittel. Sie nahmen
sie regelmäßig, oft unter ärztlicher Aufsicht von Michele Ferrari, Pedro
Celaya und Luis García del Moral. Das belegt der Abschlussbericht der
Usada, der Antidopingbehörde der USA. Etwa 1.000 Seiten mit brisanten
Dokumenten und Aussagen wurden jetzt an den Radsportweltverband UCI
geschickt.
Die Beweislast gegen Lance Armstrong ist erdrückend. Elf ehemalige
Teamkollegen haben gegen Armstrong ausgesagt. Der Verlust seiner sieben
Tour-de-France-Titel rückt näher. Der Weltverband hat nun 21 Tage Zeit, um
sein Urteil über den gefallenen amerikanischen Radsportler zu sprechen.
Alles andere als ein Bannspruch wäre ein Skandal.
US Postal, langjähriges Profiteam Armstrongs, habe das „ausgeklügeltste,
professionellste und erfolgreichste Dopingprogramm betrieben, das der Sport
jemals gesehen hat“, teilte die Usada mit. Die Beweisführung gegen
Armstrong enthalte beeidete Zeugenaussagen von 26 Personen, davon 15
früheren Radfahrern.
## Verseuchte Teamgefährten
Von den elf ehemaligen Teamgefährten Armstrongs wurden Levi Leipheimer,
Christian Vande Velde, Tom Danielson und David Zabriskie als aktive Profis
gesperrt. Die kürzlich zurückgetretenen Georgie Hincapie und Michael Barry
legten am Mittwoch im Zuge der Usada-Veröffentlichung erstmals öffentlich
ein Dopinggeständnis ab.
Frankie Andreu, Tyler Hamilton, Floyd Landis und Jonathan Vaughters hatten
bereits vor Längerem ihre Karriere beendet. Vaughters ist Garmin-Teamchef
und in dieser Funktion seit Jahren lautstarker Fürsprecher im
Antidopingkampf. „Es hat enormen Mut der Fahrer des Teams (US Postal) und
anderer erfordert, hervorzutreten und die Wahrheit zu sagen“, sagte
Usada-Chef Travis Tygart.
Neben den Aussagen seien auch Dokumente als Beweismittel aufgeführt,
darunter Aufzeichnungen von Zahlungen, E-Mails, wissenschaftliche Daten und
Labortests. Diese sollen den „Gebrauch, Besitz und die Verteilung von
leistungssteigernden Mitteln durch Lance Armstrong beweisen“, so die
Behörde.
## Professionelle Verschwörung
„Die Dopingverschwörung war professionell entworfen, um die Athleten unter
Druck zu setzen, gefährliche Dopingmittel zu nutzen und einen unfairen
Wettbewerbsvorteil zu gewinnen.“ Der Report ging auch an die
Welt-Anti-Dopingagentur Wada und den Triathlon-Weltverband. Die Usada hat
das Material auch im Internet unter [1][cyclinginvestigation.usada.org]
veröffentlicht.
Der UCI-Verbandsvorsitzende Pat McQuaid hatte mehrmals angedeutet, die von
der Usada ausgesprochenen Strafen zu akzeptieren. Die Antidoping-Agentur
hatte Armstrong Ende August lebenslang gesperrt und seine Ergebnisse seit
dem 1. August 1998 gestrichen. Sollte die UCI dem zustimmen, würde
Armstrong seine Toursiege von 1999 bis 2005 verlieren.
Die Rückgabe sämtlicher Gelben Trikots hatte auch die französische
Sportministerin Valerie Fourneyron gefordert. Der 41-jährige Armstrong
hatte darauf verzichtet, der Usada-Verurteilung zu widersprechen. Sein
Anwalt Tim Herman nannte die Mitteilung von Trygart in einer ersten
Reaktion einen „einseitigen Verriss“.
Das Quartett Leipheimer, Vande Velde, Danielson, Zabriskie dürfte
glimpflicher als Armstrong davonkommen. Die genaue Dauer der Sperre war
zwar zunächst unklar. Sollte allerdings wie in ähnlichen Fällen die
Kronzeugenregelung greifen, wären die Fahrer nach einem halben Jahr im
kommenden Frühjahr wieder startberechtigt.
## Ohne Doping nicht konkurrenzfähig
Unterdessen gaben Hincapie, Weggefährte Armstrongs bei allen sieben
Toursiegen, und Barry den Gebrauch von Dopingmitteln während ihrer aktiven
Zeit zu. „Früh in meiner Profikarriere wurde mir klar, dass es wegen der
weit verbreiteten Anwendung leistungssteigernder Mittel bei
Spitzenradfahrern nicht möglich war, auf dem höchsten Niveau mit ihnen
mitzuhalten“, schrieb der 39-jährige Amerikaner Hincapie auf seiner
Internetseite über die Einnahme verbotener Substanzen bis zum Jahr 2006.
Der Sieger einer Bergetappe bei der Frankreich-Rundfahrt 2005 hatte
Armstrong bei dessen sieben Tourtiteln von 1999 bis 2005 begleitet und
diesen August seine Laufbahn beendet. „Ich habe gedopt. Es war eine
Entscheidung, die ich tief bereue“, schrieb der Kanadier Barry, der bis
zuletzt für das Team Sky fuhr und im September zurückgetreten war. Seit dem
Sommer 2006 habe er ebenfalls nie wieder Dopingmittel genommen.
11 Oct 2012
## LINKS
[1] http://cyclinginvestigation.usada.org
## AUTOREN
Markus Völker
## TAGS
Lance Armstrong
Doping
Radsport
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