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# taz.de -- Kolumne Heimatkunde Seenplatte: Die Vermessung der Mitte
> Ob Nord, Süd, West oder Ost – die Ränder sind schnell bestimmt. Wo aber
> ist der Mittelpunkt dieses einzigartigen Landkreises?
An den Rändern ist alles klar. Im Osten hat der Landkreis Mecklenburgische
Seenplatte sein äußerstes Ende in der Großen Friedländer Wiese, südlich
ragt er bis in den Wald nahe dem Großen Stechlinsee, der durch Theodor
Fontane zu Berühmtheit gelangt ist.
Im Norden bildet ein ziemlich unspektakulärer Graben unter der B 194 bei
Randowden äußersten Vorposten und im Westen liegt er im Uferbereich des
Plauer Sees, dort, wo sich vom Aussichtsturm „Moorochse“ aus Seeadler und
Haubentaucher beobachten lassen. Nein, an den Rändern gibt es nichts zu
deuteln. Wo aber liegt die Mitte?
Gefühlt in Neubrandenburg, sagt Landrat Heiko Kärger (CDU). Das hätten wir
kaum anders erwartet. Neubrandenburg ist schließlich die Kreisstadt. Dort
stehen Betriebe, ein Klinikum, eine Hochschule und nicht zuletzt das
Landratsamt, also auch Heiko Kärgers Schreibtisch. Da hat es ein Landrat
leicht, den gefühlten Mittelpunkt zu verorten. Objektiv betrachtet aber
liegt das alles etwas abseits im Osten. Wo jedoch der geografische
Mittelpunkt seines „Reiches“ zu finden ist, das Herz der Seenplatte
sozusagen, das kann der Landrat nicht so genau benennen.
Norman Schley dagegen schon. Denn Norman Schley arbeitet im Kataster- und
Vermessungsamt. Der Massemittelpunkt des Kreises liege zwischen Groß Lukow,
Marihn und Groß Flotow in einem Graben, sagt er nach einem Streifzug durch
die Datenbanken und gibt gleich noch die kartesischen Koordinaten an.
Leider stehen diese kryptischen Zahlen auf keinem Wegweiser, was nachteilig
ist, wenn man sich ohne GPS oder Sextant auf die Suche macht.
Im Groben ist der Mittelpunkt natürlich schnell gefunden. Er liegt in einem
fast gleichseitigen Dreieck, das drei Sträßchen von jeweils etwa zwei
Kilometern Länge zwischen den drei Dörfern bilden; Kastanienalleen zumeist,
von deren Bäumen die Früchte um diese Jahreszeit auf Fahrbahnen und
Autodächer prasseln. Innerhalb des Dreiecks: Wiesen, frisch bestellte
Äcker, ein Wäldchen, an dessen Rand der einzige Feldweg weit und breit zu
einem Hochsitz führt.
Irgendwo in dieser Einöde könnte er sich entlang ziehen, der ominöse Graben
mit dem magischen Punkt, den nicht einmal der Landrat kennt. Allein, dem
Feldweg ist ohne Geländewagen nicht zu trauen. Zu Fuß in frisch polierten
Halbschuhen sieht wiederum auch nicht nach einer sauberen Lösung aus, und
dabei ist noch zweifelhaft, ob sich das Herz aller Landkreis-Dinge
tatsächlich dort befindet. Ein Schildchen wird den Punkt wohl kaum
markieren. Da bleibt eine bequeme Lösung: Soll doch jeder selber suchen,
und überhaupt: Was bedeutet schon die Mitte?
16 Oct 2012
## AUTOREN
Georg Wagner
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