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# taz.de -- Kolumne Heimatkunde Seenplatte: Auf dem Trockenen
> Der Landkreis steckt in den Miesen. Die Verwaltung ist so knauserig, dass
> die Kreistagsmitglieder hungern und dürsten müssten. Doch es gibt Retter.
Wenn der Bau- und Umweltausschuss des Kreistags zu einer seiner Sitzungen
in den Weiten des Großkreises fährt, dann rückt er zwar nicht mit Sack und
Pack an - aber mit Kaffeekanne und Filtertüten. Denn wer bei den
stundenlangen Debatten nicht auf dem Trockenen sitzen will, muss vorsorgen.
Sparsam wie der Kreis ist, gibt es von ihm mit Ausnahme der
Kreistagssitzungen keine Tischgetränke.
Der Bauausschuss unter seiner Vorsitzenden Kathrin Grumbach von
Bündnis90/Grüne hat deshalb das eingeführt, was auch anderswo Gang und Gäbe
ist - die Kaffeekasse. Er steht damit nicht allein. Die Versorgungsfrage an
Sitzungsabenden trifft alle Gremien. Mineralwasser, Saft, Kaffee oder Tee?
„Ich wüsste gar nicht, wie ich das finanzieren sollte“, sagt der
Vorsitzende des Jugendhilfeausschusses Peter Ritter von der Linkspartei. Zu
dumm, wenn Haushaltstitel dafür fehlen. Und was für ein Glück, wenn die
Feierabendpolitiker ihre Treffen mit der Besichtigung einer für sie
wichtigen Einrichtung verbinden können. Denn dann kümmern sich die
Gastgeber um die Versorgung der Selbstversorger.
So wie kürzlich das Christliche Jugenddorfwerk (CJD) Waren um den
Jugendhilfeausschuss, ein Landwirtschaftsbetrieb um den
Landwirtschaftsausschuss und das Kreiskrankenhaus Demmin um den
Gesundheits- und Sozialausschuss. In der Klinik fand übrigens auch der
Haushalts- und Finanzausschuss freundliche Aufnahme. Nicht nur Getränke
standen auf dem Tisch, sondern auch belegte Brötchen.
Die Ausschussmitglieder konnten das gut gebrauchen, müssen sie doch in ganz
anderen Dimensionen denken, und den Vorsitzenden Heinrich Nostheide von der
CDU plagen viel größere Sorgen. Selbst wenn der Landkreis auf alle
freiwilligen Aufgaben verzichten würde, sagt er, selbst wenn er also keine
Förderung mehr beispielsweise für offene Jugendarbeit, Kultur oder Sport
mehr zahlte und sich ausschließlich auf seine Pflichtaufgaben beschränkte,
würde das nur rund zehn Millionen Euro einsparen. Doppelt so viel bliebe
dann beim gegenwärtigen Stand noch an Defizit übrig.
Angesichts einer solchen Lage hätte Nostheide nichts gegen eine Ausgabe für
ein paar Fläschchen Wasser. Dass sie im Kreiskrankenhaus auf dem
Beratungstisch standen, bekam ihm und seinen Kollegen wohl doppelt gut. Das
Krankenhaus nämlich kann sich diesen „Luxus“ leisten, schreibt es doch
schwarze Zahlen, im Gegensatz zum Landkreis.
Im Bau- und Umweltausschuss sieht es dagegen schwarz aus. Dort drohte der
gemeinsam finanzierte Kaffee mangels Kaffeesahne so zu bleiben. Die Kasse
sei leer, verkündete Kathrin Grumbach.
Solche Ansagen kennt man in den Ausschüssen, im Kreis und vermutlich von
allen Kaffeekassen dieser Welt.
23 Oct 2012
## AUTOREN
Georg Wagner
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