# taz.de -- Kommentar biologische Väter: Vater bleibt, wer sich kümmert | |
> Das Kabinett beschließt einen Gesetzentwurf, mit dem die Rechte | |
> biologischer Väter gestärkt werden. Eltern sollten ihren Kindern mehr | |
> zutrauen. | |
Was ist gut fürs Kindeswohl? Zuallerst, dass es Menschen gibt, die sich | |
liebevoll um das Kind kümmern. Auch heute noch sind das zumeist eine Mutter | |
und ein Vater. Aber was, wenn ein Kind plötzlich zwei Väter hat – einen | |
leiblichen und einen sozialen? Welcher Vater ist dann der „richtige“? | |
Bislang war das Familienrecht hier eindeutig: derjenige, der mit der Mutter | |
verheiratet ist. Die Eheleute sind die rechtlichen Eltern und dürfen | |
bestimmen, was mit dem Kind passiert. Und sie können den Kontakt mit dem | |
biologischen Vater verweigern. | |
Dass dieses starre Gesetz jetzt aufgeweicht wird, ist ein Fortschritt. | |
Nicht nur für die an dieser Stelle rechtlosen Väter. Sondern in erster | |
Linie für die betroffenen Kinder. Aus Psychologie und Wissenschaft ist | |
nämlich bekannt, dass Kinder spüren, wenn in der Familie „etwas nicht | |
stimmt“. Sie können es nicht benennen, aber sie ahnen, dass im | |
Elternverhältnis etwas anders ist, als die Erwachsenen es vorgeben. | |
Die Adoptionsforschung beschreibt das als „Suche nach den eigenen Wurzeln“. | |
Ohne das Wissen um ihre (biologische) Herkunft fällt es Menschen schwerer, | |
die eigene Identität auszubilden. Verantwortungsbewusste Eltern erklären | |
ihren Kindern also ohnehin irgendwann, welcher Mann welche Rolle spielt – | |
und lassen Kontakt zum leiblichen Vater zu. | |
Andere Forschungen besagen, dass Kinder eine eindeutige Orientierung | |
brauchen. Zu viele Personen, die sich kümmern (wollen), können Kinder | |
verwirren und verunsichern. Aber Abstammungskenntnis und Orientierungsdrang | |
schließen sich nicht aus. Im Gegenteil, sie bedingen einander: Wer weiß, | |
woher er kommt, findet sich im Leben besser zurecht als jemand, der | |
hauptsächlich damit beschäftigt ist, sich selbst zu suchen. | |
Unabhängig davon sollten Eltern ihren Kindern mehr zutrauen. In der Regel | |
erkennen Kinder die Erziehungsleistung des sozialen Vaters an und stellen | |
diese über den Kontakt zum leiblichen Vater. | |
17 Oct 2012 | |
## AUTOREN | |
Simone Schmollack | |
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