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# taz.de -- Rückläufiges Wachstum: Chinas Wirtschaft schwächelt
> Die zweitgrößte Volkswirtschaft der Welt wächst so langsam wie seit drei
> Jahren nicht. Selbst eine Deflation scheint in China nicht mehr
> ausgeschlossen.
Bild: Chef-Chinese Wen Jiabao kann mit der wirtschaftlichen Entwicklung seines …
PEKING taz | Chinas scheidender Premierminister Wen Jiabao hatte sich am
Mittwoch noch guter Dinge gezeigt. Ja, die Wirtschaft der Volksrepublik
stand im letzten Quartal vor „beträchtlichen Schwierigkeiten“, sagte er im
chinesischen Staatsfernsehen CCTV. Aber er sei zuversichtlich, dass sich
die Lage durch die eingeleiteten Konjunkturmaßnahmen „weiter stabilisieren“
werde. Die Daten, die das Statistikamt am Donnerstag vorlegte, sprechen
jedoch eine andere Sprache.
Das Wachstum der zweitgrößten Volkswirtschaft der Welt ist im dritten
Quartal auf den niedrigsten Stand seit drei Jahren gefallen, obwohl
Einzelhandelsumsatz und Investitionen im September wieder leicht anzogen.
Mit einer Rate von 7,4 Prozent im Vergleich zum Vorjahr war es jedoch der
siebte Quartalsrückgang in Folge und der schwächste Wert seit Anfang 2009 –
kurz nach Ausbruch der weltweiten Finanzkrise. Die Asiatische
Entwicklungsbank (ADB) senkte ihre Prognose für das gesamte Jahr von 8,5
auf nur noch 7,7 Prozent. Die Abkühlung dürften auch die deutschen
Exporteure zu spüren bekommen.
In den Ohren krisengeplagter Europäer klingen sieben Prozent Wachstum zwar
nach viel. Damit aber Chinas rückständiges Binnenland zu der wohlhabenden
Küstenregion aufschließt, müssen die Städte jährlich sechs Millionen
Menschen aufnehmen und das Land insgesamt 24 Millionen Arbeitsplätze im
Jahr schaffen. Das erfordert sehr hohe Wachstumsraten.
## Schwache Binnenkonjunktur
Vor allem der Außenhandel blieb im dritten Quartal schwach. Allein im
August sank er um 2,6 Prozent gegenüber dem Vergleichsmonat im Vorjahr. Die
Eurokrise lässt grüßen. Das erklärte Ziel von Chinas Führung lautet zwar,
den Exportanteil am Wachstum zu senken und stärker auf die Binnenkonjunktur
zu setzen. Doch solange der Konsum im eigenen Land schwach ist, bleiben die
Exporte für die Volksrepublik wichtig.
Grund zur Sorge bereitet auch die Inflation. Befürchteten Ökonomen vor
einem Jahr noch, Chinas Wirtschaft könnte sich überhitzen, legte der
Verbraucherpreisindex im September nur noch um 1,9 Prozent im Vergleich zum
Vorjahresmonat zu. Die Erzeugerpreise fielen um 3,6 Prozent und damit im
siebten Monat in Folge. „Damit nähern wir uns einer Deflation“, warnt Chen
Gui, unabhängiger Analyst in Schanghai.
Die Staatsführung in Peking versucht gegenzusteuern. Sie hat die Leitzinsen
gesenkt und die Vergabe von Krediten gelockert. Anders als bei der
Weltfinanzkrise 2009 hat sich die Hoffnung auf eine rasche Erholung der
chinesischen Wirtschaft bislang aber nicht erfüllt.
## Gefahren für den Stahlmarkt
Zudem bergen die Maßnahmen der Regierung auch Gefahren. Vor allem aus den
Industriezentren im Süden und Osten des Landes häufen sich Berichte über
Überkapazitäten. Experten zufolge produziert China etwa ein Drittel mehr
Stahl als benötigt. Das sei eine „tickende Zeitbombe“, warnen sie. Denn
kommt zu viel Stahl auf die Märkte, könnte es zu einem Preissturz kommen.
Die ganze Branche wäre betroffen – nicht nur in China, sondern weltweit.
Positivere Effekte auf die Volkswirtschaft dürfte hingegen die Ausweitung
des Infrastrukturausbaus haben. Chinas einflussreiches Entwicklungs- und
Reformministerium hat im September eine Reihe neuer Infrastrukturprojekte
in einer Gesamthöhe von umgerechnet fast 250 Milliarden Euro beschlossen.
Geplant sind der Neubau von weiteren 2.000 Kilometern Autobahn, 25
U-Bahn-Linien, vier neuen Flughäfen sowie über hundert Wind- und
Solarparks. Diese Maßnahmen dürften sich aber frühestens in den Zahlen in
einem Jahr widerspiegeln.
19 Oct 2012
## AUTOREN
Felix Lee
Felix Lee
## TAGS
Deflation
WTO
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